Neue Kombination

Um einen wirtschaftlichen Badebetrieb zu ermöglichen, musste die bestehende Badelandschaft des Bade- und Freizeitparks Kusel weitestgehend rückgebaut und neu errichtet werden.

Badepark
Kasse und Gastronomie liegen nebeneinander, sodass in Zeiten schwacher Auslastung beide Bereiche von einem Mitarbeiter abgedeckt werden können.
Von Petra Steiner (Text) und David Matthiessen (Bilder)
Um einen wirtschaftlichen Badebetrieb zu ermöglichen, musste die bestehende Badelandschaft des Bade- und Freizeitparks Kusel weitestgehend rückgebaut und neu errichtet werden. Gestalterisches Ziel war es, den funktionalen Neubau als attraktive Badelandschaft mit hoher Aufenthaltsqualität und eigenständigem Charakter zu entwickeln und Synergieeffekte maximal auszuschöpfen.

Die Gemeinde Kusel ist mit rund 5400 Einwohnern die zweitkleinste Kreisstadt Deutschlands. Das Grundstück für den Bade- und Freizeitpark Vitalbad liegt am Ortsrand von Kusel, landschaftlich schön eingebettet in die Naturregion Pfälzer Bergland. Diese Umgebung diente als Inspiration für die Gestaltung des Neubaus – mit grossflächigen, raumhohen Verglasungen, die den Blick nach draussen freigeben, sowie mit der Oberflächen- und der Farbgestaltung im Bad wird der Neubau behutsam in den Naturraum eingegliedert. Für einen wirtschaftlichen Badebetrieb wurden die bislang getrennten Nutzungseinheiten Hallen- und Freibad von 4a Architekten zu einem Kombibad zusammengeführt. Das schafft Vorteile im Betrieb – sowohl für die Badegäste als auch den Betreiber – zudem konnten Hallen- und Freibadbereich formal, funktional und gestalterisch optimal aufeinander abgestimmt werden.

Kompakte Gestaltung

Das bestehende Hallenbad musste bis auf die Badeplatte rückgebaut und neu errichtet werden. Lediglich der Rutschenturm und einzelne Gebäudeteile konnten aus dem Bestand übernommen werden. Grundlage für die Ausrichtung und die Gestaltung des neuen Hallenbades war das bestehende Untergeschoss. Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken blieben im Bestand erhalten, wurden jedoch neu gefliest, und die Sprunganlage wurde ausgetauscht. Ziel war es, die Gebäudeform möglichst kompakt zu gestalten und die funktionalen Abläufe zu optimieren. Beispielsweise liegen Kasse und Gastronomie unmittelbar nebeneinander, sodass in Zeiten mit schwacher Auslastung beide Bereiche von einem Mitarbeiter abgedeckt werden können. Auch die Deckenhöhen wurden an die Nutzung angepasst: In den Nebenräumen wie Umkleiden und Duschen ist die Raumhöhe im Vergleich zur Badehalle niedriger, im Sprungbereich klappt das Dach nach oben. Im Zuge der Sanierung wurde die Fassade nach aussen versetzt, sodass die Stützen für das Stahltragwerk im Gebäude liegen. Damit entfällt eine energetisch nachteilige Durchdringung der Aussenhaut, und zusätzliche Flächen werden gewonnen.

Das bestehende Raumfachwerk wurde aufgrund der höheren Dachlasten durch eine Rahmenkonstruktion aus geschweissten Doppel-T-Stahlträgern ersetzt. Die weissen Stahlträger liegen in Gebäudequerrichtung und spannen über die gesamte Gebäudebreite. Eine Abhangdecke aus Holzwolle-Leichtbauplatten sorgt für eine gute Akustik im Gebäude und verleiht dem Innenraum ein sommerfrisches Outfit.

Der Eingang zum Hallen- und Freibad befindet sich im Süden des Gebäudes. Entlang der verglasten Eingangsfassade bietet ein Dachüberstand in Richtung Freibad einen geschützten Aussenraum. Badegäste gelangen vom transparent gestalteten Foyer über Umkleiden und sanitäre Anlagen in die Badehalle. Baulich formen die Nebenräume drei Kuben mit abgerundeten Ecken, dazwischen liegen Durchgänge mit Blickachsen in Richtung Badehalle. Die markante, in sommerfrischen Farben gestaltete Abhangdecke sorgt nicht nur für eine gute Akustik, sondern verleiht dem Vitalbad eine eigene Identität und heitere Atmosphäre. Im Kontrast dazu wurden die Wand- und Bodenflächen in dezenten Farbtönen gestaltet. Grün changierende Mosaikfliesen an Wänden und Becken greifen die Farbtöne der Umgebung auf, verleihen dem Innenraum ein ruhiges Ambiente und verbinden Architektur und Landschaft miteinander. Das zusätzliche Badeangebot – ein neues Warmsprudelbecken – und die erweiterten Liegeflächen steigern darüber hinaus die Aufenthaltsqualität im Hallenbad.

Flexible Betriebsweise

Die technischen Anlagen und ihre energetische Vernetzung sind Grundvoraussetzung für einen ökonomisch optimierten Betrieb. Es wurden Wasserkreisläufe mit Umwälzkreisläufen eingerichtet. Diese Aufteilung auf mehrere Aufbereitungskreisläufe erlaubt eine flexible Betriebsweise mit unterschiedlichen Wassertemperaturen. «Die Umwälzpumpen sind mit Permanentmagnetmotoren und Frequenzumformern ausgestattet. Im Vergleich zu herkömmlichen Asynchronmotoren führt das zu einer erheblichen Energieeinsparung. Das gilt insbesondere für den Teillastbetrieb in Abhängigkeit der Hygienewerte», erklärt Ulrich Pade von der IGP Ingenieurgesellschaft für Technische Ausrüstung. Über Stetsabläufe mit Wärmtauscher erfolgt zudem eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung. Aus den Filterkreisläufen wird Filtrat entnommen, über einen Wärmetauscher entwärmt, in einen separaten Spülwasserspeicher eingeleitet und zur Filterrückspülung vorgehalten. Im Gegenstrom wird kaltes Frischwasser aus dem Netz vorgewärmt und zum Ausgleich der Spülwasserverluste in die Rohwasserspeicher eingeleitet. Die Beckenwassererwärmung erfolgt über Plattenwärmetauscher.

Die Wärmeversorgung des Hallenbades übernimmt ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) mit Abgaswärmetauscher zur Brennwertnutzung und über einen Gasbrennwertkessel mit modulierendem Brenner. Die elektrische Leistung des BHKW-Kompaktmoduls beträgt 142 kW, die Heizleistung 216 kW. Die zusätzliche Leistung des Abgaswärmetauschers beträgt 31 kW. «Zur Pufferung der Heizwärme, zur Entkoppelung der Wasserströme und zur Aufteilung in verschiedene Temperaturstufen wurde ein Sammel- und Verteilzentrum mit 2050 Liter Wasserinhalt geplant», sagt Christoph Krieger, IGP Ingenieurgesellschaft für Technische Ausrüstung.

Für die unterschiedlichen Nutzungs- und Klimazonen wurden jeweils eigene Lüftungsanlagen errichtet. Die Aufteilung der Lüftungsanlagen erfolgte hierbei entsprechend den geforderten Raumtemperaturen. Dadurch wurde sichergestellt, dass sämtliche Lüftungsgeräte auf einen optimalen Betriebspunkt für die Wärmerückgewinnung ausgelegt werden konnten. Teilweise wurden Mehrfachnutzungen der Luftvolumenströme geplant. So wird beispielsweise die Abluft aus den Umkleiden als Zuluft für die Technikflächen im Untergeschoss mittels eines separaten Abluftventilators genutzt. Die Abluft der Technikbereiche wird dann wieder über das Zentralgerät der Umkleiden aus dem Technikbereich abgesaugt. Somit erfolgt auch eine effektive Wärmerückgewinnung aus der warmen Technik.

Sämtliche Schalt- und Steuerfunktionen der Badewasser-, Heizungs-, Raumluft- und Sanitärtechnik wurden auf eine übergeordnete Gebäudeleittechnik aufgeschaltet. Über diese ist eine zentrale Bedienung, Kontrolle und Überwachung der technischen Anlagen möglich. Sämtliche Leuchten im Vitalbad sind zudem in LED-Technik ausgeführt.

Wirtschaftlicher Badebetrieb

Der grosszügige Freibadbereich mit Liegewiesen grenzt nach Süden an das Gebäude. Für einen wirtschaftlichen Badebetrieb wurden die Wasserflächen im Aussenbereich im Zuge der Sanierung reduziert: Ein Nichtschwimmerbecken entfällt, und das neue Edelstahlschwimmerbecken ist mit vier Bahnen kleiner als im alten Badepark. Das Freizeitbecken blieb nach der Sanierung von Beckenkopf und -umgang erhalten. Für die kleinen Badegäste wurden ein zusätzliches Kinderaussenbecken und ein Matschplatz angelegt. Der Kiosk zwischen Schwimmerbecken und Rutschenanlage wird unsaniert weiter genutzt, ebenso das ehemalige Umkleidegebäude, das künftig als Lagerraum dienen soll. Umkleiden und Duschen befinden sich in einem neu errichteten Kaltgebäude, das an die Freitreppe mit Sitz- und Liegeflächen im Aussenbereich anschliesst. Mit diesen Massnahmen ist es gelungen, das Hallen- und Freibad in Kusel gestalterisch und funktional als Einheit auszubilden und dem neuen Badepark eine eigene Identität mit intensiver Strahlkraft zu verleihen. ●

Bautafel

Objekt Vitalbad

Standort Kusel, Deutschland

Fertigstellung 2020

Bauherrschaft Vitalbad Pfälzer Bergland GmbH

Architektur 4a Architekten GmbH

Bauleitung HW Ingenieur-Consult Gesellschaft für Baubetreuung mbH

Landschaftsplanung NSP Christoph Schonhoff Landschaftsarchitekten Stadtplaner

Projektsteuerung Kommunalbau Rheinland-Pfalz GmbH

Tragwerksplanung + Bauphysik Kempen Krause Ingenieure GmbH

Brandschutz Ralf Kludt Dipl.-lng. (FH) Sachverständige & Ingenieure für vorbeugenden Brandschutz

HLS + Elektroplanung IGP Ingenieurgesellschaft für Technische Ausrüstung mbH

Bruttogeschossfläche 3950 m²

Bruttorauminhalt 15 850 m³

Wasserfläche 1050 m²

Farben
Die markante, in sommerfrischen Farben gestaltete Abhangdecke sorgt für eine eigene Identität und heitere Atmosphäre.
Freibadbereich
Der grosszügige Freibadbereich mit Liegewiesen liegt südlich des Gebäudes.
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Das bestehende Raumfachwerk wurde aufgrund der höheren Dachlasten durch eine Rahmenkonstruktion aus geschweissten Doppel-T-Stahlträgern ersetzt.
raumhohe
Grossflächige, raumhohe Verglasungen geben den Blick nach draussen frei.
Nichtschwimmerbecken
Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken blieben im Bestand erhalten, wurden jedoch neu gefliest.
Mosaikfliesen
Grün changierende Mosaikfliesen an Wänden und Becken greifen die Farbtöne der Umgebung auf.
Freizeitpark
Das Grundstück für den Bade- und Freizeitpark Vitalbad liegt am Ortsrand von Kusel.
Duschen befinden
Umkleiden und Duschen befinden sich in einem neu errichteten Kaltgebäude.
Laengsschnitt
Längsschnitt
Erdgeschoss
Erdgeschoss mit Umgebungsplan
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