Unkonventioneller Wohnraum zwischen Alt und Neu

Eine partiell umgebaute Luzerner Etagenvilla vereint mit viel Sorgfalt denkmal-pflegerische wie auch zeitgemässe Aspekte.

Das altehrwürdige Haus
Im Quartier Wesemlin-Dreilinden in Luzern ist ein unkonventioneller Wohnraum entstanden – oszillierend zwischen Alt und Neu, zwischen denkmalpflegerischen und zeitgemässen Aspekten.
Von Lukas Bonauer (Text) und Dario Lanfranconi (Bilder)
Eine partiell umgebaute Luzerner Etagenvilla vereint mit viel Sorgfalt denkmal-pflegerische wie auch zeitgemässe Aspekte.

Das altehrwürdige Haus, das aus dem 19. Jahrhundert stammt und im Inventar schützenswerter Bauten aufgeführt ist, erforderte innenräumliche Modernisierungsmassnahmen. Das Wohngefüge der beiden oberen Geschosse, das insbesondere in den 1990er-Jahren vom Ursprungscharakter baulich entfernt wurde, war zu optimieren – und zugleich auf die originalen Raumstrukturen zurückzuführen.Eine Herausforderung, der sich das Büro MAI Architektur aus Luzern mit seiner ganzen Erfahrung im Umgang mit denkmalpflegerischen Substanzen annahm. Der partielle Umbau bezieht konsequent die Qualitäten des Bestandes mit ein, übernimmt eine denkmalpflegerische Haltung, die den Entwurfsprozess bestimmt – und bringt neue Elemente darin unprätentiös unter. Von aussen ist wenig von den Massnahmen zu erkennen, die im Inneren Altes und Neues harmonisch zu vereinen wissen.

Das Wohnhaus liegt im Quartier Wesemlin-Dreilinden an einer der privilegierten Lagen in Luzern. Die Menschen, die hier wohnen, haben beste Aussicht auf Berge, See und Stadt. Nördlich davon befindet sich der Dreilindenpark – der grösste öffentliche Park Luzerns –, südlich das Ufer des Vierwaldstättersees. Das Wohnhaus selber, eine nach den Plänen des bedeutenden Luzerner Architekten Emil Vogt errichtete Etagenvilla, besticht durch seine hoch qualitative Fassadengestaltung im zeittypischen Stilpluralismus der Architektur um 1900 und seinen ausgezeichnet erhaltenen Villengarten mit reichem Bestand. Der Baukörper ist Element eines Ensembles von Wohnbauten und Villen aus der Zeit zwischen 1860 und 1900, die das Quartierbild bzw. diese durchgrünte Wohngegend wesentlich prägen. Das Antasten seiner äusseren Gestalt stand daher nie zur Debatte. Das bestehende Fassadenbild erforderte lediglich die Bewahrung seiner Originalqualitäten.

Ganz anders innen: Das Wohngefüge der beiden oberen Geschosse enthielt eine unvorteilhafte Raumgliederung und Aufteilung der Räume. Die betroffenen, neuverwerteten Wohnungen verfügen nach dem Umbau über entsprechend moderner angelegte Grundrisse. Einerseits erhält die Maisonnette-Wohnung (vormals 7,5 Zimmer, zweites Ober- und Dachgeschoss) als 5,5-Zimmer-Geschoss-Wohnung ihre Originalraumstruktur zurück. Andererseits bietet die eigentliche Dachwohnung (vormals 2.5 Zimmer) mit einem zusätzlichen Zimmer mehr Grosszügigkeit. «Dabei haben wir alte und neu hinzugekommene Elemente so kombiniert, dass sich ein ausgewogenes Ganzes ergibt», sagt der zuständige Architekt Stefan Lüthi.

Subtile Farbnuancen

Die neue Geschosswohnung verzichtet auf den Ersatz von Bauteilen, die beim Umbau 1990 verwendet bzw. eingeführt worden waren. Subtile Farbnuancen bei den Anstrichen betonen die Vielfalt dieser Wohnung und bilden einen dezenten Kontrast zu den monochromen Schreinerarbeiten und aufgefrischten Stuckdecken. Die neue Dachgeschosswohnung wiederum spielt mit unterschiedlichen Raumproportionen und -formen, die sich aus der differenzierten Dachabwicklung ergeben.

Der Umbau hebt die bestehenden, geduckten Mansardenzimmer auf und lässt Wohn-, Ess- und Kochbereich bis unter den Dachfirst laufen. Die neue Raumlandschaft bietet ein Wechselspiel zwischen kleineren, tieferen und grossen, hohen Räumen. Neue Dachfenster verstärken sowohl den Bezug zum Himmel wie auch die zenitale Belichtung.

Auch der Dachstuhl – ebenfalls 1990 erstellt – ist nach seinem Rückbau wieder in seiner Originalstruktur erlebbar. Er setzt mit seinen frei liegenden Balken räumlich spannende Akzente. Sorgfältig stimmen sich die einzelnen Gestaltungselemente aufeinander ab. Bestehende Parameter werden punktuell sehr reduziert hervorgehoben, damit wirken sie umso stärker. Entstanden ist unkonventioneller Wohnraum – oszillierend zwischen Alt und Neu, zwischen denkmalpflegerischen und zeitgemässen Aspekten. «Und gerade darin liegt aus unserer Sicht», so Stefan Lüthi, «die Qualität dieses Projektes». ●

Bautafel

ArchitekturMAI Architektur. Luzern

HolzbauingenieurLauber Ingenieurbüro für Holzbau und Tragwerkserhalt, Luzern

HLKS-PlanungHerzog Haustechnik AG, Luzern

ElektroplanungMiné Meyer Elektro AG, Luzern

BauphysikRSP Bauphysik AG, Luzern

Das Luzerner Stadtquartier Wesemlin-Dreilinden

Das altehrwürdige Haus

Die Stadt Luzern liegt am nordwestlichen Ufer des Vierwaldstättersees beim Ausfluss der Reuss. Das Stadtquartier Wesemlin/Dreilinden gehört zum Stadtkreis «Rechtes Seeufer» und gilt als vornehmes Quartier für Jung und Alt. Von der Wesemlinstrasse den Hügel hinauf auf die Wesemlinterrasse, zum Kapuzinerkloster und bis zu den Dreilinden erstreckt sich der Stadtteil mit den viertmeisten Einwohnern. Je weiter es den Wesemlinberg hinaufgeht, desto grösser und feudaler scheinen die Wohnungen und Häuser. So hat denn auch jede vierte Wohnung mindestens fünf Zimmer.

Das altehrwürdige Haus
Das optimierte Wohngefüge innerhalb der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Bausubstanz verfügt nun wieder über originale Raumstrukturen.
Das altehrwürdige Haus
Das altehrwürdige Haus
Der partielle Umbau bezieht konsequent die Qualitäten des Bestandes mit ein.
Das altehrwürdige Haus
Das altehrwürdige Haus
Das altehrwürdige Haus stammt aus dem 19. Jahrhundert und ist im Inventar schützenswerter Bauten aufgeführt.
Das altehrwürdige Haus
Die neue Dachgeschosswohnung spielt mit unterschiedlichen Raumproportionen und -formen, die sich aus der differenzierten Dachabwicklung ergeben. Auch der Dachstuhl ist nach seinem Rückbau wieder in seiner Originalstruktur erlebbar.
Das altehrwürdige Haus
Das altehrwürdige Haus
Das altehrwürdige Haus
Dachgeschoss
Dachgeschoss
Querschnitt
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Längsschnitt
Längsschnitt
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