Tradition und Zukunft im Blick
Mit ungewöhnlichen Produktionsmethoden und zeitgemässer Architektur führt das Weingut am Stein in Würzburg (D) Althergebrachtes in die Zukunft.
gun. Mit der Erweiterung der Kellerräume des Weinguts am Stein, Würzburg (D), geht die teilweise Neugestaltung des Hofes einher. Hier stellt ein Oberlicht aus Stahlprofilen die Verbindung zwischen Aussen und Innen her. Und auch beim Innenausbau setzten die Architekten auf Stahlprofile, weil Haptik und Textur einer Stahloberfläche optimal zu rauem Sichtbeton passen. Für den Bauherrn dagegen war die Robustheit der Türkonstruktionen entscheidend.Ludwig Knoll, der das Weingut gemeinsam mit Ehefrau Sandra in fünfter Generation führt, beschreitet mit dem biologisch-dynamischen Anbau seiner Weine und dem weiteren Ausbau unkonventionelle Wege. Das gilt sowohl für den Ausbau des Weins in mannshohen und nach dem Goldenen Schnitt dimensionierten Betonfässern als auch für den architektonischen Ausbau des Weinguts. Vor zehn Jahren fügten die Würzburger Architekten Hofmann Keicher Ring dem in regionaltypischer Bauweise errichteten Gebäudebestand einen schnörkellosen Kubus in zeitgemässer Architektursprache hinzu, das sogenannte «WeinWerk». Mit wenigen ausgewählten Materialien – Beton, Glas, Lehm und Eichenholz – und seinem betont schlichten Baukörper setzt der Kubus ein gestalterisches Zeichen, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Die jetzige Erweiterung um Keller- und Lagerräume nimmt diese reduzierte Materialsprache auf und führt sie fort.
Im neu gestalteten Hof gestattet ein Oberlicht den Blick in den Weinkellergang mit den futuristisch anmutenden Betonfässern, in denen der experimentierfreudige Winzer seinen Wein ausbaut. Die Sonderkonstruktion aus dreiseitig umlaufender Stahlzarge mit feldteilenden T-Profilen aus zwei zusammengesetzten Flachstählen lässt Tageslicht in den in den Weinberg hinein«geschobenen» Raum fallen. Auch soll sich die durch die filigrane Verglasung einströmende kosmische Energie – zusammen mit der durch die erdgebundene Kellerdecke einströmenden irdischen Energie – vorteilhaft auf den Reifeprozess des Weins auswirken.
In einer eher von traditionellen Werten geprägten Branche gehört viel Mut dazu, solche Thesen zu vertreten. Doch der grosse Erfolg des Winzers spricht für sich. Äusserst pragmatisch dagegen entscheidet Knoll, wenn es um die Praxistauglichkeit der verwendeten Baumaterialien und -elemente geht. Wo tagtäglich mit einem Hubwagen rangiert wird, um Kisten und Kartons zu transportieren, bevorzugt er robuste Türen, die auch mal einen Rempler wegstecken können. Die Architekten entschieden sich für Stahlprofilsysteme von Jansen; sie führen als weiteres Argument an, dass die Oberfläche des Stahls sehr schön mit dem Sichtbeton der Kellerwände harmoniere. Zudem wirkten grossflächige Türen aus Stahlprofilsystemen eleganter, weil die Ansichtsbreiten der Profile vergleichsweise schmal gewählt werden können – ein wichtiger gestalterischer Aspekt, der bei den verglasten Türen im Bereich des Foyers sehr schön zum Ausdruck kommt.
Überall dort, wo kein Durchblick gewünscht war – wie bei den Türen zum Sanitärbereich –, wurden die Stahltüren als vollverblechte Konstruktionen realisiert. Zum Lager hin wurde ebenfalls eine vollverblechte Tür eingebaut, die zusätzlich malermässig der Betonstruktur der Wand angepasst wurde. So verschwindet sie nahezu in der Wandfläche aus Sichtbeton, die keine weitere Zutat stört: Sämtliche Aussparungen für elektrische und sanitäre Installationen wurden akribisch geplant und vor dem Betonieren in die Schalung eingelegt. Drei Jahre dauerte die Planungsphase für das anspruchsvolle Projekt. Die grösste Herausforderung bestand darin, dass der neue Keller unter dem Bestandsgebäude in den Steinberg hinein«geschoben» werden sollte. Das erforderte aufwändige Sicherungsmassnahmen am Gebäudebestand, in Teilbereichen der Weinbergmauern sowie an den Grundstücksgrenzen.
Nach der Fertigstellung des Neubaus wurde auch der Hof umgestaltet. Seither erschliesst eine grosszügige Treppe die Anlage zum Weinberg hin, wodurch das Weingut für Gäste, Kunden und Besuchergruppen wesentlich einfacher zugänglich ist.
Mit der offiziellen Eröffnung des Weinkellers am 20. September 2015 feierten die Knolls zugleich 125-Jahre-Jubiläum. Der Urgrossvater hatte seinerzeit mit einer Küferei in der Würzburger Pleich den Grundstein für das Familienunternehmen gelegt. 1980 wurde das Weingut an den jetzigen Standort umgesiedelt. Seither liegt es inmitten der Weinberge der berühmten Lage Würzburger Stein. Mit den laufenden Um- und Ausbauten sowie der Erweiterung des Kellers haben die Knolls der fünften Generation die Weichen für die Zukunft gestellt.
Bautafel
Bauherren Ludwig und Sandra Knoll, Würzburg (D)
Planung und RealisationHofman Keicher Ring Architekten, Würzburg (D)
Oberlichtkonstruktion UHL Stahl- und Metallbau, Würzburg (D)
Türkonstruktionen Stahl- und Metallbau Weigand, Bad Königshofen (D)
Systemlieferant Jansen AG, Oberriet | Schüco Stahlsysteme Jansen