Industrie und Kunst in Harmonie

Im Musée des Beaux-Arts in Lausanne verbinden die Architekten Barozzi Veiga industrielle Überreste eines ehemaligen Bahnsteigs mit «schönen Künsten». Die Ziegelfassade ist Ausdruck des industriellen Charakters.

Musée des Beaux-Arts
Die Ausstellungsbereiche des Musée cantonal des Beaux-Arts in Lausanne sind vor dem Lärm des Schienenverkehrs geschützt.
Von Marianne Kürsteiner (Text) und Simon Menges (Bilder)
Im Musée des Beaux-Arts in Lausanne verbinden die Architekten Barozzi Veiga industrielle Überreste eines ehemaligen Bahnsteigs mit «schönen Künsten». Die Ziegelfassade ist Ausdruck des industriellen Charakters.
Im Jahr 2011 gewannen Barozzi Veiga den internationalen Wettbewerb zur Definition eines Masterplans für das neue Kunstquartier in Lausanne – Bahnsteig 10. Dessen industrielle Vergangenheit als Bahnsteig ist durch die Konservierung einiger bereits vorhandener Elemente noch immer präsent. Als städtebauliche Strategie sieht der Masterplan einen neuen, grosszügigen öffentlichen Platz vor, um den sich die neuen Museen gruppieren. Dieser erstreckt sich entlang des Geländes. Durch den Anschluss an den bestehenden Bahnsteig verleiht er dem durchgehenden Raum Struktur. Die neuen Architekturen bilden den Rahmen für das städtische Leben und fassen das neue Kunstzentrum von Lausanne.

Geburt eines neuen Kunstzentrums

Der Entwurf für das Musée cantonal des Beaux-Arts stammt ebenfalls aus der Feder von Barozzi Veiga. Das monolithische Längsvolumen verläuft parallel zu den Bahngleisen am südlichen Rand des Geländes. Um das Gebäude im öffentlichen Raum und in der Stadthistorie zu verankern, spielte der Verweis auf bestimmte Überreste von Gebäuden des industriellen Erbes eine entscheidende Rolle im Entwurfsprozess. Pragmatische Formen, strenge Geometrie und klare, harte Linien definieren den Baukörper. Die Ziegelfassaden erinnern an die Industriegeschichte des Ortes und verleihen dem Monolithen eine lebendige Textur und eine äussere Struktur. Das Gebäude bewahrt einen Teil des ursprünglichen Saals und verwandelt ihn in einen zentralen Bestandteil des Projekts. Das Bogenfenster des ursprünglichen Bahnhofs ist von den Gleisen einsehbar und wird zu einem markanten Merkmal an der Fassade. Im Foyer ist es zudem als wichtiges strukturierendes Element der räumlichen Abfolge des Neubaus zuträglich. Die nach Süden orientierte Gebäudeseite ist vollständig geschlossen. Die Ausstellungsbereiche des Musée cantonal des Beaux-Arts in Lausanne sind vor dem Lärm des Schienenverkehrs geschützt. Die nordseitig durchlässigere Lamellenfassade bricht hingegen mit dem massiven Charakter des Monolithen und interagiert mit dem neuen Kunstquartier.

Poröse Fassade als Verbindungselement

Das Museum hat drei Stockwerke, die durch das weiträumige Foyer miteinander verbunden sind. Das Erdgeschoss ist als Erweiterung des öffentlichen Platzes anzusehen und beherbergt die wichtigsten öffentlichen Angebote wie Café, Buchhandlung und Auditorium. Die Fassade des zweiten Stockwerks ist sehr porös, damit die internen Funktionen in Kontinuität mit dem öffentlichen Raum ausserhalb des Platzes stehen können. In den oberen Stockwerken befinden sich zu beiden Seiten des Foyers die Ausstellungsräume. Die dauerhafte Sammlung im Osten ist von der Wechselausstellung im Westen getrennt. Dank unabhängiger vertikaler Zirkulation, die eine Installation von Ausstellungen im gesamten Raum sowie kleinere Kapselsammlungen ermöglicht, können diese auf einer einzigen durchgehenden Route oder in parallelen Rundgängen besichtigt werden.

Über nach Norden ausgerichtete, modulare Werkstätten gelangt Tageslicht in das Obergeschoss. Ein System von Innenjalousien erlaubt dort die präzise Steuerung des Lichts, das in die Räume fällt, und schafft eine gedämpfte Atmosphäre, um optimale Bedingungen für die Kunstwerke zu schaffen.

Augenzwinkernd in die Vergangenheit

Um die Sammlungen zu schützen, ist die Museumsfassade seitlich geschlossen und bahnhofseitig introvertiert. Die Nordfassade zum öffentlichen Raum ist offen, durchlässig und lebendig. Die Backsteinfassade evoziert die Industriegeschichte des Ortes und verleiht dem Monolithen eine lebendige Textur. Auf dem Platz durchbricht der Rhythmus der vertikalen Jalousien die massive Erscheinung des Monolithen und gibt die Öffnungen frei. Nachts dienen diese Jalousien als Kulisse, um das provenzalische Innenlicht zu zerstreuen. Im Oktober 2019 eröffnete das Museum seine erste Ausstellung. ●

Musée des Beaux-Arts
Die Backsteinfassade evoziert die Industriegeschichte des Ortes und verleiht dem Monolithen eine lebendige Textur.
Musée des Beaux-Arts
Die Nordfassade zum öffentlichen Raum ist offen, durchlässig und lebendig.
Musée des Beaux-Arts
Das Museum hat drei Stockwerke, die durch das weiträumige Foyer miteinander verbunden sind.
Musée des Beaux-Arts
Über nach Norden ausgerichtete modulare Werkstätten gelangt Tageslicht in das Obergeschoss.
Gebäudeansicht Musée
Gebäudeansicht
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