Gläsern umschlungen

Die Galleria in Gwanggyo widersetzt sich einer herkömmlichen Einkaufsarchitektur. Vielmehr bildet sie eine Kombination aus Einzelhandel, Kultur, Stadtgeschehen und Natur. Jene Aspekte machen dieses Bauwerk zu einer inhaltlichen und optischen Besonderheit – an einem Standort, der erst am Beginn seiner Entwicklung steht.

Galleria in Gwanggyo
Das niederländische Architekturbüro OMA entwarf eine kunstvolle bauliche Komposition aus Stein und Glas.
Von Morris Breunig (Text) und Hong Sung Jun (Bilder)
Ein Kaufhaus in Südkorea wird zum jüngsten Blickfang der Einkaufsarchitektur. Das von OMA geplante und kunstvoll umhüllte Bauwerk zeigt sich exzentrisch und verschlossen zugleich.

Architektur entwickelt emotionale Momente – auch in der Einkaufsarchitektur. Rem Koolhaas stellte sein Fingerspitzengefühl für jene Gebäudetypologie unter anderem bereits mit dem Prada Epicenter in Los Angeles und beim Umbau des Palazzo Fondaco dei Tedeschi in Venedig unter Beweis.Für Südkoreas grösste und in den Siebzigerjahren entstandene Kaufhauskette Galleria entwarf Chris van Duijn für das von Koolhaas gegründete niederländische Architekturbüro OMA jüngst eine kunstvolle bauliche Komposition aus Stein und Glas. Das Projekt ist Teil einer übergeordneten Stadtentwicklung von Gwanggyo, das sich in 35 Kilometer Entfernung zur Hauptstadt Seoul befindet und erst 2004 gegründet wurde.

Anziehungspunkt in einer neuen Stadt

Das Kaufhaus, das im Stadtzentrum liegt, wird von hohen Wohntürmen flankiert und fungiert als Bindeglied zwischen städtischer Bebauung und dem nahe gelegenen Suwon Gwanggyo Lake Park, der die Fassadengestaltung des Gebäudes massgeblich beeinflusst hat. Strukturierte Mosaiksteine zieren den massiven, dem Brutalismus nahen Kubus und sind eine Reverenz an die Natur. Die steinerne Gestalt wird als identitätsstiftendes Element gebraucht, weil sie einem bereits über mehrere Jahre bestehenden Objekt gleicht. Die Jugendhaftigkeit von Gwanggyo wird damit teilweise negiert.

Eine gläserne, sich um den gesamten Baukörper in die Höhe erhebende, zusammenhängende Schlaufe durchbricht die Massivität des Kubus punktuell. Für die Fassade mit einer gesamthaften Fläche von rund 22 000 Quadratmeter kamen 138 000 Steinelemente zum Einsatz, die aus 14 Granitarten hergestellt wurden. Die gläserne Schlaufe besteht aus 1646 Glaselementen, die eine Fläche von 4617 Quadratmeter erreichen und durch massgeschneiderte 3-D-gedruckte Stahlknoten miteinander verbunden sind. Hinsichtlich der aufeinandertreffenden Materialien ist ein gelungener Kontrapunkt zum steinernen Baukörper entstanden. Bei jener geheimnisvollen Kombination treffen exzentrische, extro- und introvertierte Ausdrucksweisen aufeinander. Pompös und grossformatig werden von aussen lediglich die notwendigsten Einblicke gewährt. Bei Aussenstehenden weckt es gleichzeitig die Neugier auf das Innere des Bauwerks.

Kulturell belebt

Das vielgestaltige und aus mehreren Glaselementen bestehende Trajekt steht im Kontrast zu dem strengen, aus Stein gefassten Baukörper und definiert zugleich einen öffentlichen Weg, der den Seitengang mit einem Garten im Dachgeschoss verbindet und innovative Elemente in die Kaufhaustypologie integriert. Jener Seitengang wird auf kaskadenartig angeordneten Terrassen mit kulturellen Aktivitäten belebt. Für Aussenstehende bleiben diese einsehbar. Im Inneren des Gebäudes erhalten die Besuchenden zudem einen Blick über das Stadtgefüge von Gwanggyo. Rolltreppen dienen als vorrangiges Erschliessungelement im Gebäude. «Mit einem öffentlichen Loop, der bewusst für kulturelle Angebote konzipiert wurde, ist die Galleria in Gwanggyo ein Ort, an dem sich die Besucher beim Einkaufen mit Architektur und Kultur auseinandersetzen. Sie verlassen die Galleria mit einem einzigartigen Einkaufserlebnis, das nach jedem Besuch mit angenehmen Überraschungen verbunden ist», erklärt OMA-Partner Chris van Duijn.

Die Galleria in Gwanggyo widersetzt sich einer herkömmlichen Einkaufsarchitektur. Vielmehr bildet sie eine Kombination aus Einzelhandel, Kultur, Stadtgeschehen und Natur. Jene Aspekte machen dieses Bauwerk zu einer inhaltlichen und optischen Besonderheit – an einem Standort, der erst am Beginn seiner Entwicklung steht. ●

Galleria in Gwanggyo
Die Galleria in Gwanggyo bildet eine Kombination aus Einzelhandel, Kultur, Stadtgeschehen und Natur.
Galleria in Gwanggyo
Massgeschneiderte 3-D-gedruckte Stahlknoten tragen die gläserne Schlaufe.
Galleria in Gwanggyo
Für die Fassade des Kubus wurden 138 000 Steinelemente verwendet.
Galleria in Gwanggyo
Die gläserne Schlaufe besteht aus 1646 Glaselementen.
Galleria in Gwanggyo
Der von Glaselementen umhüllte Seitengang wird von kulturellen Aktivitäten belebt.
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