Traditionelle Bauweise neu interpretiert
7 000 Quadratmeter gross ist das ehemalige Gertschen-Areal mitten im Zentrum von Naters. Der Platz war bis Ende 2015 die grösste Baustelle im Dorf, wo mit dem Aletsch Campus ein neues Quartier entstand.
gun. 7 000 Quadratmeter gross ist das ehemalige Gertschen-Areal mitten im Zentrum von Naters. Der Platz war bis Ende 2015 die grösste Baustelle im Dorf, wo mit dem Aletsch Campus ein neues Quartier entstand. Die moderne Architektur der neuen Gebäude nimmt Bezug auf die traditionelle Holzbauweise des alten Dorfkerns – und trägt damit auch der Nachhaltigkeit Rechnung, die in direkter Nachbarschaft zum Aletsch-Gletscher Symbolwirkung hat.Das Gebiet rund um den Aletsch Gletscher gehört seit 2001 zum UNESCO-Welterbe. Das Aletsch-Gebiet ist mit dem grössten Gletscher der Alpen ein starkes Symbol für den Klimawandel. Was liegt also näher, als bei den Bauten rund um das UNESCO-Welterbe auf eine nachhaltige Bauweise zu setzen, die einer intakten Umwelt Rechnung trägt? Gleichzeitig sollten die Gebäude alle Normen erfüllen und innerhalb eines straffen Kosten- und Zeitplans realisierbar sein. Fragen zum Brandschutz, Wärmeschutz, Schallschutz, der Luftdichtigkeit und Dauerhaftigkeit waren weitere Anliegen des Investors. Neben der Massivbau- bzw. Holzbauweise war deshalb das Hybrid-Bausystem ein prüfenswerter Lösungsweg.
Den italienischen Architekten N4 Architects, welche unter 130 teilnehmenden Architekturbüros aus dem In- und Ausland den Wettbewerb zum Naters-Projekt gewonnen hatten, waren die lokalen Gegebenheiten und Ressourcen wichtig. Das Wissen um Bearbeitung und Pflege ist beim gewählten Material vor Ort zu finden –das ist auch der Schlüssel für eine nachhaltige Architektur. Im Fall des Aletsch Campus nimmt diese Bezug auf den historisch gewachsenen Baubestand von Naters und greift auf die traditionelle Bauweise der Walliser Bauten zurück.
Herz aus Beton, Haut aus Holz
Das Beispiel Aletsch Campus verdeutlicht die überzeugenden Synergien von Holz in Kombination mit Beton. Skelettbauten in Stahlbeton mit dämmenden Wandelementen aus Holz bilden dabei den klassischen Hybridbau. Die Stützen sind in Stahl oder Stahlbeton, die Decken in Ortbeton ausgeführt. Der Hybridbau setzte hier auf die starken Eigenschaften von Beton, der grosse Spannweiten, einfachen Schall- / Brandschutz und vereinfachte Installationen der Haustechnik ermöglicht: Die Betondecke erfüllt durch ihre Masse, mit einem vernünftigen Bodenaufbau und guten Anschlussdetails, die geforderten Schalldämmwerte. Durch ein nicht brennbar gewähltes Tragsystem wird der geforderte Brandschutz erreicht. Installationsleitungen sind einbetoniert und somit abgeschottet. Aufgrund des Materials und des rationellen Einbauverfahrens konnten die Betondecken sehr wirtschaftlich umgesetzt werden.
Die Gebäudehülle wurde bewusst in hoch dämmenden Holzelementen ausgeführt. «Holz ist einer der nachhaltigsten Baustoffe überhaupt», sagt Max Renggli, CEO des führenden Holzbauspezialisten Renggli AG, welche die Holzbauten ausführte. «Der nachwachsende Rohstoff Holz mit seiner energiearmen Verarbeitung lässt punkto Nachhaltigkeit keine Wünsche offen.»
Und auch im Betrieb des Gebäudes punkten die Holzsystembauwände im Bereich Nachhaltigkeit: Sie zeichnen sich durch gute und kompakte Wärmedämmung aus und verfügen durch die hohe Vorfertigung über eine optimierte Luftdichtigkeit. Zugleich sorgt der mehrschichtige Aufbau für einen guten Schallschutz gegen Aussenlärm. Die Aussenwände des Aletsch Campus wurden samt Zargen, Fenstern, dezentralen Lüftungsgeräten und allseitig behandelter Holzfassade im Werk vorgefertigt. Alternativ zur im Minergie-Standard üblichen zentralen Komfortlüftung wurde ein Lüftungskonzept als Einzelraumlüftungssystem mit integrierter Fensterlüftung und Wärmerückgewinnung verbaut. Die Fenster wurden direkt eingebaut und die Fassade vormontiert. Ganze Aussenwandelemente in Holzbauweise entstanden dabei unter optimalen Bedingungen. Durch den Einbau der Fenster im Werk wird zum einen die Einbauqualität erhöht und die Luftdichtigkeit garantiert, zum anderen ist unmittelbar nach dem Aufrichten das Gebäude regendicht und für den weiteren Ausbau bereit. Das gewährleistet Terminsicherheit.
Bautafel
BauherrschaftAXA Leben AG
Generalunternehmung Baulink AG
ArchitektOMG Architekten AG und N4 Architects
Bauingenieur Dr. J. Grob & Partner AG, Winterthur, SRP Ingenieur AG, Brig
Holzbau Renggli AG