Holzbau kollaborativ geplant
Ob in Massivbauweise oder anderen Bauweisen – BIM verändert die Planung von Gebäuden massgeblich. Auch im Holzbau macht man sich die Vorzüge der kollaborativen Planungsmethode zunutze. Jeremias Burch ist BIM-Manager Holzbau und Mitglied eines Teams, das die digitale Entwicklung bei der Renggli AG massgeblich prägt.
Seit den 1990er-Jahren entsteht bei Renggli der Abbund, also der Zuschnitt des Konstruktionsholzes, anhand von 3-D-Daten. Fortlaufend kamen weitere Anlagen hinzu, und seit 2012 werden sämtliche Maschinen sowie die Elementtische über Daten aus dem 3-D-Modell angesteuert. Das bedeutet konkret: Jedes Projekt wird bis auf die letzte Schraube und Latte in 3-D geplant und durchdacht, erst dann geht es in die Produktion. Seit 2016 setzen wir uns intensiv mit BIM, im Sinne einer vernetzten Zusammenarbeit über verschiedene Fachdisziplinen und mithilfe von 3-D-Gebäudemodellen, auseinander. Hierbei handelt es sich um Pilotprojekte zusammen mit Partnern, die das Thema BIM ebenfalls aktiv angehen möchten und einen gewissen Lernprozess dulden. Durch das offene Teilen von Erfahrungen können wir grosse Fortschritte erzielen und kommen der breiten Implementierung der digitalen Projektabwicklung immer näher.
Jeremias Burch
Was hat sich durch die modellbasierte Planung verändert?
Die wechselseitige Form der Zusammenarbeit ist meines Er-achtens der zentrale Punkt. Durch die frühzeitige Bildung von Projektteams und die gemeinsame Zielformulierung ergibt sich eine positive Dynamik, die im herkömmlichen Planungs- und Bauprozess leider selten ist. Als ausführendes Unternehmen schätzen wir es sehr, unser technisches Wissen bereits in der Entwurfsphase einbringen zu können. Durch die ideale Kombination aus Architektur und Technik entstehen innovative Lösungen, die den gestalterischen sowie technischen Anforderungen entsprechen. Das war in dieser Form früher praktisch unmöglich. Um die kollaborative Zusammenarbeit noch stärker zu fördern, setzen wir uns auch intensiv mit dem Ansatz der integrierten Projektabwicklung auseinander. Da dieses Vorgehen teilweise im Widerspruch zur herkömmlichen Planung steht, sind wir in Kontakt mit Hochschulen, die ihre Erfahrungen mit uns teilen. Wir sind überzeugt, dass mit der engen Zusammenarbeit ab Projektbeginn ein Mehrwert für alle entsteht.
Welche unternehmensstrategischen Veränderungen gehen mit BIM einher?
Die Baubranche weist seit 1995 eine jährliche Produktivitätssteigerung auf, die lediglich einem Fünftel der Gesamtwirtschaft entspricht. Deshalb sehen wir Handlungsbedarf und setzen konsequent auf die Digitalisierung mit BIM als Bestandteil. Neue digitale Möglichkeiten sind jedoch nur ein Teilbereich, um die Baubranche für die Zukunft fit zu machen. Vielmehr zwingt die Digitalisierung einen dazu, bestehende Prozesse und Geschäftsmodelle zu überdenken. Das Ziel ist, unseren Kunden mehr Transparenz und Planungssicherheit zu bieten, und das bei gleichzeitiger Steigerung der Produktivität. Daraus resultieren Terminsicherheit und höhere Qualität bei optimalem Preis-Leistungs-Verhältnis.
Wie werden die Projektteams koordiniert?
Das Projektmanagement übernimmt die Koordination der verschiedenen internen Fachspezialisten, die je nach Bedarf hinzugezogen werden können. Aufbau und Weiterentwicklung des internen Fachwissens sind ein stetiger Prozess. Zudem legen wir grossen Wert auf eine enge Zusammenarbeit mit Netzwerkpartnern. Das volle Potenzial der digitalen Bauprojektabwicklung kann nur mit Partnern ausgeschöpft werden, die sich auch für den digitalen Weg entschieden haben. Hierbei ist nicht nur der aktuelle Wissensstand entscheidend, vielmehr zählt der Wille, diesen Weg gemeinsam konsequent zu gehen.
Idealerweise befinden sich alle Gewerke für Statik, Brandschutz und Fertigung «in house». Profitieren die Planungsabläufe davon?
Mehrere integrierte Fachdisziplinen verringern die Schnittstellen nach aussen. Zur Entwicklung digitaler Planungsprozesse ist das natürlich ein klarer Vorteil, da wir die internen Schnittstellen auch mit eigenen Standards definieren können.
Wie verändert der modellbasierte Ansatz die Kundenakquise?
Bereits in der Akquise offenbart sich eine veränderte Art der Zusammenarbeit. Bei klassischen Vergaben über das Ausschreibungsverfahren findet der persönliche Kontakt zwischen Kunde und Unternehmen unter Umständen erst kurz vor der Vergabe statt. Bei der digitalen Projektabwicklung wäre das unvorstellbar. So gibt es auch in der Akquise eine Verschiebung nach vorn. Neben der reibungslosen Fertigung und Montage der Projekte möchten wir unseren Kunden auch eine hohe Transparenz und Kostensicherheit in der Planung ermöglichen.
Kommt die Gebäudegestaltung dabei nicht zu kurz?
Keineswegs. Wir sind offen gegenüber allen Disziplinen, so auch der Gestaltung. Der Grad der Gebäudegestaltung variiert allerdings je nach Projekt und Bedürfnis der Bauherrschaft. Interdisziplinäre Zusammenarbeit verlangt einen zielführenden Austausch aller Parteien, aus dem ein zufriedenstellender Konsens resultiert. So werden beispielsweise technisch anspruchsvollere Varianten ausgeführt, um die gestalterisch beste Lösung umzusetzen. In anderen Fällen wird hingegen die Gestaltung zugunsten der technischen Lösung vereinfacht.
Was zeichnet die Kombination Holzbau und BIM aus?
Der Holzbau hat über mehrere Jahre Erfahrungen im digitalen Planen und Fertigen von Projekten gesammelt. Gegenüber anderen Bausystemen ist sicherlich ein Vorsprung erkennbar. Die Fertigung erfolgt bereits digital, wir fokussieren unsere Anstrengungen auf die Entwicklung der digitalen Planung ab Entwurf.
Welches Optimierungspotenzial besteht noch?
Zurzeit stehen die in die Entwicklung investierten Ressourcen und der daraus generierte Mehrwert noch in einem ungenügenden Verhältnis. Kurz: Wir bezahlen derzeit noch «Lehrgeld». Wir müssen uns in der umfassenden BIM-Thematik auf konkrete nächste Entwicklungsschritte fokussieren und dürfen nicht zu viel auf einmal wollen.
Der mehrgeschossige Holzbau hat durch Anpassungen von brandschutztechnischen Vorgaben in den vergangenen Jahren an Auftrieb gewonnen. Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr?
Die Anzahl der Grossprojekte hat in den letzten Jahren markant zugenommen. Diese Entwicklung im Holzbau ist sehr erfreulich. Auch bezüglich der anstehenden ökologischen Herausforderungen. Im Personalbereich spüren wir die Entwicklung natürlich auch, beispielsweise durch den Fachkräftemangel. Jedoch sehen wir es als Pflicht an, Mitarbeitende zu unterstützen sowie die Weiterentwicklung und den Wissensaufbau zu fördern. ●
Jeremias Burch