Digitale Planung trägt kristalline Blüten
Im Wüstenstaat Katar erblüht eine Sandrose. In Anlehnung an das biologische Vorbild zeigt das Museum of Qatar jene für die Realisierung des Projekts unabdingbare BIM-Methode.

Seit März 2019 hat Katar ein neues Nationalmuseum, dessen Entwurf aus der Feder des französischen Architekten Jean Nouvel stammt. Der Bau ist Sinnbild für die identitätserzeugenden Bestrebungen des Wüstenstaates. Der Gebäudekomplex erstreckt sich auf 400 mal 250 Metern zwischen dem Meer und der Innenstadt von Doha und erreicht eine Höhe von 40 Metern. Mehrere diskusförmige und ineinander verwobene Elemente mit unterschiedlicher Ausrichtung – die für das Design des Gebäudes stilbildend und exemplarisch sind – können allenfalls als Indiz für jenen Findungsprozess gedeutet werden. Die Architekten orientierten sich bei der Gestaltung an einer Sandrose, was hinsichtlich des Standorts naheliegend erscheint. Auch im Gebäudeinneren wird diese komplexe Geometrie fortgeführt und erzeugt ein einzigartiges Raumerlebnis.
Gross dimensionierte Projekte als Empfehlung
Ein für die Ausführung zuständiger koreanischer Generalunternehmer beauftragte das international tätige Ingenieurbüro von Werner Sobek, um die gestalterische Komplexität des Bauwerks digital und real zur Vollendung zu führen. Bereits bei Überbauungen wie dem Heydar Aliyev Center in Baku und dem neuen Terminal des Kuwait International Airport zeigte sich der sorgsame Umgang von Werner Sobek mit gross dimensionierten Projekten sowie die routinierte Verwendung der BIM-Methode.
Grösstmöglicher Detaillierungsgrad
Die 539 diskusförmigen und individuell gestalteten Elemente erreichen einen Durchmesser von 87 Metern. Geometrische Überschneidungen erhöhen das Gestaltungsniveau des Baukörpers beträchtlich, verleihen diesem Individualität und demonstrieren zugleich die Dimensionen von BIM. Der grösstmögliche Detaillierungsgrad eines BIM-Modells (LOD400) war deshalb während der Planung notwendig. Das BIM-Modell zählte zum Zeitpunkt der Umsetzung weltweit zu den grössten 3-D-Modellen seiner Art. «Man sieht im Modell kleinste Bauteile wie Schrauben und Muttern. Diese Detailgenauigkeit verlangt eine extrem präzise Arbeitsweise. Hohe Datenvolumina sind die Nebenwirkungen jenes Detaillierungsgrades und müssen angemessen verwaltet werden. Ohne eine planerisch absolut rationale Datenerzeugung mittels Parametric Design lässt sich das nicht wirtschaftlich realisieren», erklärt Thomas Winterstetter, Projektleiter Fassadenplanung. Ein komplett detailgetreues, virtuelles, dreidimensionales Abbild des Gebäudes – der digitale Zwilling – zahlt sich unterdessen beim Facility-Management aus, weil damit ein Grossteil der für Betrieb und Wartung erforderlichen Daten in Echtzeit ausgelesen werden können.
Das kollaborative Planen stellte schliesslich die Realisierung jenes Projekts mit hoher geometrischer Komplexität sicher. Ein Planungsteam vor Ort stimmte die BIM-Prozesse aufeinander ab und übernahm die Baustellenüberwachung, die Schnittstellendefinition und die Koordination sowie die Abwicklung mit lokalen Unternehmen für die Ausführung.
Lesen Sie das Interview mit Projektleiter Thomas Winterstetter






