Frauen im Architektenberuf

Die Ausstellung «Frau Architekt» erzählt die Architekturgeschichte neu – aus der Perspektive von Frauen, welche die Architektur prägten.

Frau Architekt
Marlene Moeschke Poelzig und Hans Poelzig beim Richtfest in der Tannenburgallee, Berlin 1930. Quelle: Erbengemeinschaft Marlene Poelzig
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Die Ausstellung «Frau Architekt» erzählt die Architekturgeschichte neu – aus der Perspektive von Frauen, welche die Architektur prägten.
gun. Wie der Gender-Umbruch in der Architektur das Berufsbild des Architekten auf signifikante Weise verändert, das zeigt die Ausstellung «Frau Architekt» im Deutschen Architekturmuseum anhand historischer und aktueller Entwicklungen. Ob die Zukunft wirklich weiblich ist, muss sich noch zeigen: Zwar sind inzwischen weit mehr als die Hälfte aller Studierenden an den Architekturfakultäten Frauen. Allerdings kommen längst nicht alle auch wirklich im Beruf an – die «missing group» beträgt weit über 20 Prozent. Heute erreichen zwar mehr Frauen als früher leitende Positionen als Partnerinnen in Architekturbüros, als Stadtbaurätinnen, als Hochschullehrerinnen, als Präsidentinnen von Architektenkammern, am Geschlechter-Missverhältnis in der Architektur ändern solche Karrieren nur wenig. Nur die wenigsten schaffen den Sprung in die erste Reihe – bei der Gründung von Büros oder der Besetzung einflussreicher Stellen ist Architektur noch immer Männersache.«Frau Architekt» erzählt das Thema exemplarisch in 22 Porträts, Werkbeispielen und ganz persönlichen Geschichten von Frauen in Deutschland, die die Architektur massgeblich beeinflusst haben oder bis in die heutige Zeit prägen. Die Ausstellung beginnt bei Emilie Winkelmann, die 1907 das erste Architekturbüro in Deutschland gegründet hat, spannt den Bogen bis zur Wiedervereinigung und stellt das Bauen der Nachwendezeit in Berlin und den neuen Bundesländern in den Mittelpunkt. Einige der Architektinnen sind selbst der Fachwelt kaum oder gar nicht bekannt, ganz zu schweigen von der breiten Öffentlichkeit. Der Blick zurück – analog zur wechselvollen deutschen Geschichte des durchlaufenen Jahrhunderts wie auch zur Frauenbewegung und der Gegenreaktionen – ist daher gleichzeitig Instrument, nicht nur die Gegenwart in den Fokus zu nehmen, sondern auch ein Szenario für die künftige Ausgestaltung des Rollenbildes zu entwerfen.

Neben Porträts, Modellen, Plänen, Zeichnungen und authentischen Objekten werden in der Ausstellung «Frau Architekt» eine Reihe von Architektinnen, stellvertretend und beispielhaft, auch selbst zu Wort kommen. Dazu wird das «Haus im Haus», das Oswald Matthias Ungers dem DAM als programmatisches Herzstück eingeschrieben hat, in ein «Frauenzimmer» verwandelt, das auch als eine Art Kino fungiert. In acht filmischen Kurzporträts werden Architektinnen vorgestellt, Zeitzeuginnen seit den 1930er Jahren. Sie alle gehen auf Fragestellungen ein, die Frauen in der Architektur bis heute bewegen. Geboren zwischen 1930 und 1995, berichten diese Architektinnen über ihre Erfahrungen in der Nachkriegszeit, der DDR, der BRD, nach der Wiedervereinigung und in der Gegenwart – ein breites Spektrum ganz unterschiedlicher beruflicher Schwerpunkte und Jahrzehnte geballter Berufs- und Lebenserfahrung im männerdominierten Architekturberuf.

«Frau Architekt» möchte Frauen in der Architektur besser sichtbar machen, sie aus der Anonymität, dem männlichen Schatten herausholen. Die Ausstellung wird eine Art visualisierter Plattform sein, die sowohl dem Fachpublikum als auch interessierten Bürgern und Bürgerinnen Information, Austausch und Diskussion bietet. Das Rahmenprogramm sieht daher eine Vielzahl von Veranstaltungen vor, die in Kooperation sowohl mit Hochschulen, Berufsverbänden, Netzwerken entstanden sind als auch mit Institutionen, die massgeblicher Teil der Stadtgesellschaft sind und sich ebenfalls mit Themen der Geschlechtergerechtigkeit auseinandersetzen. Begleitende Filmreihen, Werkberichte ausgewählter Architektinnen, Erzählcafés mit Architektinnen der ersten Stunde, Podiumsgespräche zur gegenwärtigen Gender-Lage in der Architektur, Werkstattreihen und eine Pecha-Kucha-Night ergänzen die Ausstellung. Die Ausstellung findet im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main statt und ist noch bis zum zum 8. März 2018 geöffnet.

dam-online.de

Frau Architekt
Mitarbeiterinnen des Mannheimer Büros Ingeborg Kuhler: Ruth Jureczek und Irene Keil. Foto: Marina Auder, 1986
Margarete Schütte-Lihotzky
Margarete Schütte-Lihotzky: Die erste Frankfurter Architektin auf dem Hochbauamt. Porträtzeichnung: Lino Salini, 1927
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