Erhalten, neu gestalten, nutzen
Die Architekturfotografin Daniela Burkart untersucht in ihrer Publikation an vier Gebäuden in Luzern deren Qualitäten mit der Sprache der Fotografie.

gun. Was haben die Dula-Schulanlage, die Kirche St. Karl, die Kaserne Allmend und der MaiHof gemeinsam? Sie alle sind aussergewöhnliche Gebäude der Moderne in Luzern. Ihre beispielhafte und sorgfältige Restaurierung liess sie zu lebendigen Denkmälern werden, die an gegenwärtige Nutzungsanforderungen angepasst wurden. Zwei Bauten erfüllen ihre ursprüngliche Funktion weiterhin, die beiden anderen wurden durch Umnutzung oder Erweiterung ihres Gebrauchs zu neuem Leben erweckt. Die Architekturfotografin Daniela Burkart untersucht in ihrer Publikation «Architektur der Moderne und Denkmalpflege. Erhalten, neugestalten, nutzen. Beispiele aus Luzern» die Qualitäten dieser Gebäude mit der Sprache der Fotografie. Beschreibungen der Baugeschichte, Restaurierung und Unterschutzstellung ergänzen ihre eindrücklichen Aufnahmen.«Viele Bauten der Moderne in der Schweiz befinden sich heute nicht mehr im Originalzustand, sondern wurden verändert, mit Anbauten versehen oder vernachlässigt und sind somit in ihrer eigentlichen Qualität kaum noch erkennbar», sagt der Architekt Hansjörg Emmenegger im Vorwort zur Publikation. Damit hat auch die kantonale Denkmalpflege zu kämpfen. «Das Verständnis und die Anerkennung der Denkmalwürdigkeit dieser eher sachlich-nüchternen Architektur ist noch nicht die Regel», stellt Cony Grünenfelder, kantonale Denkmalpflegerin Luzern, in ihrem Vorwort fest. «Bei dieser Feststellung setzt die Publikation der Architekturfotografin Daniela Burkart an.»
Daniela Burkart präsentiert die vier Gebäude der Moderne als Teil der seit damals stark veränderten Umgebung, im täglichen Gebrauch und nicht ästhetisch aufgeräumt. Die sensiblen Fotografien zeigen eindrücklich, dass die Gebäude sich ohne Weiteres in ihrem Umfeld behaupten können. Es ist anzunehmen, dass sie heute weniger auffallen als in ihrer Entstehungszeit. Sie waren ihrer Zeit voraus, haben das Nachfolgende geprägt und überhaupt erst möglich gemacht. Die schön gestalteten Detailaufnahmen zeigen ihre handwerkliche Qualität.
Diese Bausubstanz ist gebaute Vergangenheit und damit ein Teil unserer Geschichte und Identität. Es ist deshalb von wesentlicher Bedeutung, diese Baudenkmäler zu pflegen, zu erhalten, mit unseren heutigen Möglichkeiten qualitätsvoll weiter zu nutzen und auch weiter zu gestalten. Derzeit ist etwa das um 1933 von Carl Moosdorf erbaute Gewerbegebäude im Tribschen in Luzern vom Abbruch bedroht, ein Beispiel des Neuen Bauens, das in seiner Konsequenz ein herausragendes Bauwerk in der Zentralschweiz ist. «Für mich ist es ein grosses Anliegen, diese kulturellen ‹Schätze› einem breiten Publikum näherzubringen», erklärt Daniela Burkart. «Die Fotografien sollen dabei das aufzeigen, was mit vielen Worten schwer zu erklären ist – die aussergewöhnliche Wertigkeit dieser Gebäude.»
Nur die stetige Auseinandersetzung mit dem baukulturellen Erbe führt uns zu einem sorgsamen Umgang mit ihm. Die hier vorliegende Publikation von Daniela Burkart ist ein gelungener Beitrag dazu, insbesondere im europäischen Jahr des Kulturerbes 2018.
Zum Neuen Bauen – Architektur der Moderne
Die Architektur der 1920er- und 1930er-Jahre ist Ausdruck des kulturellen Aufbruchs und Teil einer internationalen künstlerischen Avantgarde-Bewegung. Das Neue Bauen basiert auf der Bejahung der Moderne und dem Vertrauen in die sozialen und humanen Möglichkeiten von Wissenschaft und Technik als Garanten des gesellschaftlichen Fortschritts.
Nach der Grundvorstellung des Neuen Bauens ist eine Bauaufgabe aus ihrer inneren Funktion zu entwickeln, beziehungsweise wurde der Gebrauchswert der Architektur zur formbildenden Kraft (Funktionalismus). Das Erscheinungsbild war geprägt durch einfache Kuben, rationelle Grundrisse, asymmetrische Kompositionen, schwebende Baukörper, grosse Öffnungen, Flachdächer, Verwendung neuzeitlicher Konstruktionsweisen, Verzicht auf Ornament und Dekoration und die Vorliebe für vorwiegend helle Farben. Die neuen Materialien Glas, Stahl, Beton und Backstein wurden dabei konsequent verwendet. Durch den Einsatz der Skelettbauweise waren in der Gestaltung des Grundrisses kaum Grenzen gesetzt, da die Wände nicht mehr tragend waren. ●

Autorin Daniela Burkart
Buchtitel Architektur der Moderne und Denkmalpflege. Erhalten, neugestalten, nutzen – Beispiele aus Luzern
Verlag Christoph Merian Verlag, Basel 2018
ISBN 978-3-85616-866-7
Preis CHF 49.–



