Die grossen Zusammenhänge verstehen
Stefan Brücker hat zunächst an der ETH Zürich Physik studiert und dieses Fach an Gymnasien unterrichtet. Nach zwölf Jahren zog es ihn fachlich in eine andere Richtung. Er baute eine Minergie-Zertifizierungsstelle auf und war in der Folge bei Amstein + Walthert für Energieplanungen zuständig.
Zusammen mit Patrick Ernst gründete ich 2015 das Büro für Klima- und Energieengineering und nachhaltiges Bauen in Luzern. Wir haben uns bei der Weiterbildung «MAS Energieingenieur Gebäude» kennengelernt. Heute erstellen wir Energiekonzepte für grosse Planungen, prüfen bei Projekten Baustandards wie den SIA-Effizienzpfad Energie oder wenden diese selbst für unsere Planungen an. Mit der Zeit gelangten zunehmend mehr bauphysikalische Anfragen an uns, sodass wir heute auch viel zu diesem Thema machen. Das ergibt grosse Synergien mit dem nachhaltigen Bauen. Dabei gilt es, gesetz-liche Vorgaben einzuhalten wie effiziente Energienutzung, passive Sonnenenergienutzung, Feuchtigkeit oder Schallschutz. Wir bewegen uns in den Bereichen Energieversorgung, Bauphysik und nachhaltiges Bauen.
Welchem Projekt widmen Sie sich derzeit?
Nördlich von Luzern, rund um den Seetalplatz in Emmen, wächst ein neues Zentrum heran. Auf dem ehemaligen Industrieareal Viscosistadt entstehen Hunderte von Wohnungen und Arbeitsplätzen. Für diese neuen Stadtquartiere haben wir das Energiekonzept entwickelt. Die notwendige Wärme- und Kälteenergie beziehen die Quartiere aus dem Grundwasser der Kleinen Emme und der industriellen Abwärme – zum Beispiel von der Monosuisse, die noch heute hoch technische Kunststofffasern produziert.
Parallel dazu haben wir mit der Gemeinde Emmen ein Betreibermodell erstellt. Sobald das Energiekonzept umgesetzt ist, entsteht dort der grösste kantonale Grundwasserwärmeverbund, der etwa die zwei- bis dreifache Fläche der Luzerner Altstadt umfasst. Die jährliche Gesamtleistung des Wärmeverbunds Seetalplatz wird 10 Megawatt und eine Energiemenge von rund 25 Gigawattstunden betragen. Zudem spart man jedes Jahr rund 5800 Tonnen CO₂.
Von welcher Ihrer Ausbildungen profitieren Sie im heutigen Berufsalltag am meisten?
Der «MAS Energieingenieur Gebäude» war sehr zielführend. Ein MAS ist immer berufsbegleitend, und deshalb konnte ich die Theorie gleich im Berufsalltag anwenden. Weil viele meiner Mitstudierenden bereits im Energiebereich arbeiteten, war zudem ein qualitativ hoher fachlicher Austausch möglich.
Was sollten junge Leute beachten, die eine Tätigkeit im Bereich des nachhaltigen Bauens anstreben?
Man sollte die persönlichen Interessen genau definieren und sich bei einem Unternehmen bewerben, das diese abdeckt.
Welche Kompetenzen müssen neue Mitarbeitende für Ihr Unternehmen mitbringen?
Durch den Fachkräftemangel in diesem Bereich sind auch qualifizierte Personen schwer zu finden. Bei uns arbeiten Personen mit unterschiedlichen Profilen: Architekten, Bauphysiker, Holzbauingenieure und Fassadeningenieure. Einige von ihnen haben den MAS in nachhaltigem Bauen von EN Bau absolviert. Nachhaltiges Bauen wird in den meisten Ausbildungen noch zu wenig vermittelt. Der MAS von EN Bau füllt mit seinem Angebot eine wichtige Lücke und zeigt Personen aus verschiedenen Disziplinen die grossen Zusammenhänge zum Thema auf. ●
MAS in nachhaltigem Bauen / EN Bau
Das Weiterbildungsangebot EN Bau (Energie und Nachhaltigkeit am Bau) ist eine Kooperation von fünf Hochschulen und bietet eine breite Auswahl an Kursen (CAS) zu den Themen Nachhaltigkeit, Energie, Architektur, Management und Interdisziplinarität im Bauwesen. Nach fünf erfolgreich abgeschlossenen CAS plus einer Masterarbeit erhalten die Studierenden den Master of Advanced Studies in nachhaltigem Bauen. Die Weiterbildung wird unterstützt durch die Energiedirektorenkonferenz, EnergieSchweiz und den Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA).