Von der Kirchenruine zum kulturellen Ort

Bei der Eglise Saint Christophe treffen grobe Natursteinwände auf eine filigrane Stahl-Glas-Konstruktion und massive Bauelemente auf eine komplette Öffnung der Fassade.

Natursteinwände
Profilsysteme aus Stahl
Bei der Eglise Saint Christophe treffen grobe Natursteinwände auf eine filigrane Stahl-Glas-Konstruktion und massive Bauelemente auf eine komplette Öffnung der Fassade.

gun. Sie hatte schon eine lange und bewegte Geschichte hinter sich, als sich zwei Kunstliebhaber in die einstige Kirche in Vachères verliebten. «Romantisch, voller Risse und mit viel Grün bewachsen» fanden Nathalie Plouvier und Bernard Terson die Eglise Saint Christophe in dem kleinen Bergdorf vor. Sie kauften den Sakralbau aus dem 13. Jahrhundert und restaurierten ab Anfang 2005 den Chor und den Glockenturm. Einige Jahre später folgten das Dach sowie die Nordfassade des Kirchenschiffs. Die Vision der Bauherren: ein Ort für kulturelle Veranstaltungen inmitten der beeindruckenden Landschaft der Alpes-de-Haute-Provence. Im Juli 2014 war es dann so weit: Nach neun Jahren Restaurierung und Erweiterung zog neues Leben in die ehemalige Kirche ein. Verbunden durch ein zeitgemäss umgesetztes Spitzbogendach treffen hier Vergangenheit und Zukunft in faszinierenden Gegensätzen aufeinander: grobe Natursteinwände auf eine filigrane Stahl-Glas-Konstruktion, massive geschlossene Bauelemente auf eine komplette Öffnung der Fassade zur Landschaft.

Alt und Neu verbunden

Nach ihrem Bau im 13. Jahrhundert diente die Eglise Saint Christophe als Friedhofskapelle ausserhalb der Stadtmauern von Vachères. Später hatte man sie zur Hauptkirche erweitert und an den Ort angebunden. Aufgrund der Erdbebengefahr und Instabilität der Substanz konnte die Kirche für die Umnutzung nicht identisch rekonstruiert werden – zu schwer und starr war die Bausubstanz. Erdbeben waren auch der Grund, dass die Gläubigen nach mehreren Einstürzen postromanischer Erweiterungen den Ort im 17. Jahrhundert verliessen und in den stabileren Süden des Dorfes zogen. Damit war die Kirche dem Verfall preisgegeben.

Prägendes und weithin sichtbares neues Element nach der Restaurierung ist der dem ursprünglichen Gewölbe nachempfundene Spitzbogen über dem Kirchenschiff. An der Ostseite fügt sich das neue Dach an die teils freistehende Giebelwand des Glockenturms. Die massive, fast zwei Meter dicke Bestandswand aus Natursteinen im Süden und die filigrane Stahl-Glas-Fassade im Norden rahmen das neue Gewölbe. Einen spannenden Kontrast bilden die Rauheit, Unregelmässigkeit und Vielfältigkeit des alten Gemäuers zur Ebenheit und regelmässigen Metrik der Vorhangfassade. Die Spitzbogen-Kassettenelemente des Dachs verbinden im übertragenen Sinn die Geschichte der Eglise Saint Christophe als sakralem Raum mit ihrer jetzigen Funktion als Ort für kulturelle Veranstaltungen wie Ausstellungen und Konzerte. Nach Norden öffnet sich der Raum über die neue holzbeplankte, auf Mauerresten und Felsen mit einer Stahlkonstruktion aufgebaute Terrasse zur Gebirgskette des Luberon.

Spitzbogenelemente vorfabriziert

Innerhalb von zweieinhalb Monaten wurden die sechs jeweils 2,40 Meter breiten Spitzbogen-Elemente komplett in der Werkstatt gefertigt. Lediglich die äussere Abdeckung aus Zink wurde vor Ort aufgebracht. Wassergeschnittene Kertobögen – ein leistungsfähiger Holzwerkstoff aus mehreren Furnierschichten finnischer Fichte – bilden den Rahmen, verstrebt mit OSB-Platten. Zwei Schichten Steinwolle mit dazwischenliegendem Luftraum tragen zur Wärme- und Schalldämmung bei. Ein schwarzes Akustikvlies auf der Raumseite unterstützt zum einen die Raumakustik bei musikalischen Darbietungen. Zum anderen betont es die Struktur und Farbe der auf Abstand gesetzten parallelen Holzlamellen.

Optimierte und tragende Konstruktion

Ein Kran, in rund 25 Metern Entfernung platziert, hievte die 1650 Kilogramm schweren Spitzbogen-Elemente an ihre Position. Den baulichen Gegebenheiten entsprechend ist die Seite der Elemente, die auf dem Mauerwerk an der Südseite aufliegt, kürzer als diejenige an der Nordseite. Dort wurden die temporären Stützen sukzessive durch 24 Stahlstützen ersetzt und die Vorhangfassade als Pfosten-Riegel-Konstruktion von unten aufgebaut. Die Stahlstruktur (PRS-Profile rekonstituiert und geschweisst) übernimmt sowohl die Kräfte aus dem Dach als auch aus der Vorhangfassade. Jeweils vier der schlanken und flachen Stützen mit Ausschnitten tragen ein Spitzbogen-Element. Drehgelenke an Kopf und Fuss der Stützen nehmen Deformationen durch Windlast nach EN 12179 mit bis zu +3,0 kN/m² bzw. 2,0 kN/m² Sicherheitslast auf.

Bei Abendsonne spielt die Stahlkonstruktion einmal mehr ihre Leichtigkeit aus: Sie rahmt den Blick auf die grandiose Landschaft, und ein warmes Licht verzaubert den Raum mit seinem «Rücken» aus Naturstein. Glasfenster mit abstrakten Motiven in den Ausschnitten der beiden Giebelwände bringen intensiv farbige Akzente ein. In der Apsis setzt eine umlaufende LED-Leiste das rund 30 Zentimeter breite Fenster in Szene – unterstützt durch indirekte Beleuchtung an den Seiten des Chors. Strahlt die Sonne von Westen durch das runde Glasfenster im Giebel, entsteht ein interessantes Farbspiel des Motivs auf dem glatten Boden.

Filigrane und multifunktionale Profile

Dank der schmalen Ansichten der Stahlprofile ist es gelungen, die filigrane und leichte Fassadenkonstruktion umzusetzen. Die ca. 4,30 Meter hohe Verglasung aus Verbundglas (VGS 66.2) wurde mit dem vielseitig einsetzbaren und wirtschaftlichen System «forster thermfix light» montiert, welches an bereits existierende Baustrukturen angepasst werden kann. Bei der Wahl von Grösse und Gewicht der Füllungselemente bietet es grosse Freiheit, da die Glaslager auf die Konstruktionsvariante abgestimmt werden. Ausserdem können die Unterkonstruktion für Fassaden und Festverglasungen frei gewählt und das Dichtungssystem einfach aufgebracht werden; sowohl handelsübliche Stahl- und Aluminiumprofile als auch Holzunterkonstruktionen sind möglich.

Flächenbündige Türelemente

Über die beiden ins Konstruktionsraster eingefügten zweiflügeligen Türelemente des Systems «forster fuego light» gelangt man vom Kirchenschiff auf die Terrasse. Die schmalen Stahlrahmen mit grosser Glasfläche wirken ebenso filigran und lichtdurchlässig wie die Fassade und fügen sich flächenbündig als jeweils 2,40 Meter breite Elemente ein. Verdeckt liegende Bänder und integrierte Türschliesser reduzieren die sichtbaren Elemente auf ein Minimum. Die Brand- und Einbruchschutztüren bieten zuverlässige Sicherheit für die neu gestalteten Innenräume und die Ausstellungsgegenstände.

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