Schwebende Leichtigkeit
Das Kongresszentrum liegt südlich vom römischen Zentrum im modernen Stadtteil E. U. R. und nimmt eine städtebaulich wichtige Rolle an der Via Cristoforo Colombo ein, der Hauptachse des Viertels.
Das Kongresszentrum liegt südlich vom römischen Zentrum im modernen Stadtteil E. U. R. und nimmt eine städtebaulich wichtige Rolle an der Via Cristoforo Colombo ein, der Hauptachse des Viertels. Architekt Massimiliano Fuksas benennt seinen Entwurf mit drei Elementen: «Teca» (Theke), «Lama» (Schwert) und «Nuvola» (Wolke). Die Teca, ein 30 m hoher Quader, ist im Zusammenspiel mit dem schlanken Hotel-Solitär Lama so zur Via Cristoforo Colombo angeordnet, dass ein einladender Vorplatz entsteht. Gemeinsam bilden diese Elemente einen markanten Orientierungspunkt im Stadtgefüge. 200 m Länge und 75 m Breite verleihen der Teca die Form eines containerartigen Kubus. Sein Stahltragwerk ist umhüllt von einer doppelten Glasfassade, die schon von Weitem Einblick gewährt auf das eigentliche Herzstück des Projekts: «La Nuvola» – die Wolke.Nahezu schwebend und nur an einer Stelle mit dem Boden in Berührung beherrscht die lang gestreckte, amorphe Form den Innenraum des Glas-Containers. Die transluzente Hülle der «Nuvola» besteht aus silikonbeschichtetem Glasgewebe, das akustisch wirksam perforiert wurde. Über Treppen und Stege tauchen die Gäste in das Innere der 129 m langen, 65 m breiten und 29 m hohen «Wolke» ein. Hier befinden sich auf mehreren Ebenen ein Auditorium mit etwa 1800 Plätzen, verschieden grosse Sitzungssäle mit insgesamt rund 6500 Sitzen, dazu Foyer-Bereiche und ein Café.
Die Tragkonstruktion der «Nuvola» besteht aus Stahl und wird aus einem engmaschigen Netz von Metallrippen gebildet. Diese Grundform, welche die Architekten unter Mitwirkung von Professor Massimo Majowiecki entwickelt haben, entstand auf folgende Art: Das Wolkengebilde wurde virtuell in allen drei Achsen in fest definierten Abständen in Scheiben geschnitten und das daraus entstandene Gerippe in Stahl gebaut. Mit der Realisierung der Hülle beauftragten Fuksas Architekten das Unternehmen Canobbio – dieses wiederum holte aufgrund der komplexen Grundform die Membran-Experten von formTL ins Boot; denn die Unterkonstruktion mit ihren festen Achsabständen erwies sich als grosse Herausforderung bei der Planung. Für die leichte Wirkung einer Wolke wären an manchen Stellen weitere beziehungsweise engere Abstände von Vorteil gewesen. Dieser Schwierigkeit begegneten die Ingenieure aus Radolfzell (D), indem sie die Spannung der Membran an die einzelnen Situationen anpassten und eine Konsolenkonstruktion entwickelten. Die Konsolen sind auf den Stahlrippen aufgebracht und höhenverstellbar. So ermöglichen sie eine Feinjustierung, damit die Stahlrippen nicht mit der Hülle kollidieren und die Membran die weiche Optik einer Wolke erhält. Befestigt und gespannt wird das Glasgewebe mithilfe von Klemmleisten, die auf den Konsolen liegen. Entsprechend dem Entwurfsgedanken sind auch die einzelnen Zuschnitte mit möglichst wenig Nähten zwischen den Rippen geplant. Wegen der amorphen Form besteht die Hülle aus 2763 unterschiedlichen Zuschnitten, die bei der Konfektionierung zu 607 einzelnen Paneelen zusammengefügt wurden. Auch bei den Konsolen und den Klemmlinien den Stahlrippen entlang gleicht kaum ein Teil dem anderen – nicht nur eine planerische, sondern auch ein logistische Herausforderung.
Doch der Einsatz hat sich gelohnt – ein Gefühl von Leichtigkeit umspielt «La Nuvola» vom ersten Anblick an. Und ist die «Wolke» schon bei Tageslicht beeindruckend, so entfaltet sie bei Nacht eine noch aussergewöhnlichere Wirkung: Ein riesiger schwebender Leuchtkörper, der weithin sichtbar ist.
Bautafel
Bauherr E. U. R. S. p. A., Rom
Architekt Massimiliano Fuksas architetto, Rom
Planung Membranhülle formTL ingenieure für tragwerk und leichtbau gmbh, Radolfzell (D)
Konfektionär Canobbio Textile Engineering S. R. L., Castelnuovo Scrivia (I)
Membranhersteller Valmiera Glass UK, Sherborne (UK)