Weiterbauen – Traditioneller Industriebau und zeitgenössische Architektur
Nach mehr als einem Jahrzehnt haben Finkernagel Ross die architektonische Erneuerung und Aufarbeitung des öffentlichen Profils der Stahlwerk Augustfehn GmbH abgeschlossen.

Nach der Renovation zeigt sich das Stahlwerk Augustfehn GmbH als gelungene Kombination aus deutscher Industriebautradition und zeitgenössischer Architektur. Seit 2006 arbeitete das traditionsreiche norddeutsche Unternehmen mit dem Architekturbüro Finkernagel Ross zusammen, um die Fabrik, die aus dem 19. Jahrhundert stammt, zu renovieren. Um die industrielle Geschichte des Stahlwerks zu erhalten und zu zelebrieren, haben Finkernagel Ross, neben der Integration von neuen Produktionsmöglichkeiten, die historischen Artefakte des Werks restauriert und im Sinne eines öffentlich zugänglichen Freilichtmuseums ausgestellt. Dazu gehören die ehemalige Fabrikuhr, mehrere Schmiedehämmer und eine Dampfmaschine aus dem Jahr 1902 – die letzte bis heute funktionierende.Finkernagel Ross haben im letzten Jahrzehnt mehrere neue Gebäude für das Stahlwerk Augustfehn im Einklang mit den Wünschen und Vorgaben des Bauherrn entworfen und gebaut. Im Jahr 2009 wurde die neue Hammerhalle errichtet, drei Jahre später folgte der Stahlwerkanbau. Ende 2017 wurde auch die Aufstockung des Verwaltungsgebäudes abgeschlossen.
Neue Hammerhalle
Die neue Hammerhalle ist das wichtigste Produktionsgebäude des Stahlwerks und behaust eines der Hauptaggregate. Finkernagel Ross wurden eingeladen, die bestehende Fabrikanlage mit dem grossen Schmiedehammer zu überholen. Als Ersatz für die in die Jahre gekommene Bestandshalle von 1900 entwarfen Finkernagel Ross eine 2100 m² grosse Fabrikhalle für die Produktionsanlage inklusive des – den Projektnamen bildenden – Schmiedehammers. Hinter der Herangehensweise stand eine enge Auseinandersetzung mit dem Ort und der Umgebung sowie mit der Bestandsbebauung. Auf einem Sockel im ortstypischen roten Klinker steht die vertikal gegliederte Fassade aus Industrieglas. Hinter der transluzenten Hülle offenbart sich der konstruktive Stahlrahmen und lässt den Betrieb der Stahlproduktion im Innern auch von aussen ablesen.
Stahlwerkanbau
Nach erfolgreicher Transformation der neuen Hammerhalle erhielten Finkernagel Ross vom Bauherrn erneut einen Auftrag. Diesmal, um eine passende Einhausung für eine durch den Abriss des ruinösen Altbestands obdachlos gewordene Dampfmaschine aus dem 19. Jahrhundert zu finden. Ziel des Projekts war, dieses aussergewöhnliche Industrieobjekt – das einzige noch funktionsfähige seiner Art – öffentlich zur Schau zu stellen und somit nicht zuletzt auch das Profil des Stahlwerks aufzuwerten.
In einem Glasschaukasten, der über einen Betonsockel auskragt, steht die Dampfmaschine. Der Glasschaukasten ist Teil des Freilichtmuseums – angesiedelt um das Bürogebäude des Stahlwerks –, das ausrangierte Produktionsmaschinen vom Anfang des 20. Jahrhunderts ausstellt. Eine rahmenlose Festverglasung umhüllt die Dampfmaschine und lässt diese eher als delikates Artefakt statt schwerer Maschinerie erscheinen. Die sichtbaren Stahlstützen wurden statisch so dimensioniert und im Stahlwerk angepasst, dass diese in der Mitte leicht konisch zulaufen und somit die Leichtigkeit des Daches und der Struktur unterstreichen. Als Gegenpol der transparenten Öffnung zur Strasse gibt sich das Gebäude nach hinten geschlossen. Teil des Raumprogramms sah vor, hier neue Toilettenräume für die Mitarbeiter der Verwaltung zu realisieren. Der Anbau wurde im Jahr 2012 in sechsmonatiger Bauzeit errichtet und im Juni in Verbindung mit dem 140-jährigem Bestehen des Unternehmens feierlich eingeweiht.
Stahlwerkaufstockung
Baubeginn des dritten Projekts, der Aufstockung des Verwaltungsgebäudes der Stahlwerk Augustfehn GmbH, war im April 2016, es wurde im Dezember 2017 erfolgreich abgeschlossen. Ziel war es, durch einen neuen Dachaufbau auf dem bestehenden Gebäude aus den 1950er-Jahren zusätzliche Büros sowie einen Konferenzraum zu schaffen und dieses gestalterisch in das Gesamtensemble zu integrieren und somit zu komplettieren.
Das traditionelle Satteldach wurde optisch sanft angehoben, und unter dieser Zinkdecke kommen die transparent gehaltenen Büros zum Vorschein. Die original Fabrikuhr sowie die dazugehörigen Glocken wurden sorgfältig aufgearbeitet und in die Glasfassade integriert.
Finkernagel Ross waren nicht nur als Architekten, sondern auch als Projektmanager und Innenarchitekten involviert und haben mit ihren Büros in London und Hamburg alle Gewerke des Projekts direkt ausgeschrieben, vergeben und koordiniert. ●
Stahlwerk Fotoreportage





In einer Kollaboration mit dem Londoner Fotografen David Vintiner haben Finkernagel Ross eine fotografische Reportage ihrer Arbeit am Stahlwerk Augustfehn zusammengestellt. Diese kombiniert architektonische Modelle mit dem Kollektiv-gedächtnis der Einwohner, dem Ort, der Architektur und der Industrie. Diese einzigartigen Emotionen widerspiegeln sich in diesem Bild- und Filmmaterial. Die Bilder zeigen nicht nur die Geschichte des Stahlwerks, sondern auch die sorgsame Herangehensweise von Finkernagel Ross an die Darstellung von Erinnerungen und Historie sowie den architektonischen Kontext in ihrer preisgekrönten Arbeit.
Diese Reportage schafft es, genau die Werte zu präsentieren, die Finkernagel Ross bei all ihren Projekten begleiten: Tradition, Handwerk, Innovation und Ästhetik.

















