Weiterbauen – Technische Metamorphose der Haustechnik

Das Ausräumen und Totalsanieren des Gebäudes erlaubte die im Titel erwähnte Metamorphose hin zu einem anlagetechnischen «Schmetterling», der bezüglich Kosten und Energieeffizienz, aber auch bezüglich Flexibilität seinesgleichen sucht.

Energiezentrale
Herzstück bildet eine fossilfreie Energiezentrale.
Von Walter Mathis und Christian Polke

Wie eine (Energie-)gefrässige (Technik-)Raupe arbeitete das Energieversorgungs- und Klimakonzept aus den 1980er-Jahren im alten Ambassador House, indem die hohen Wärmeverluste der damals schwach isolierten Fassade mit üppigen Heizkörpern abgedeckt und im Sommer die erhelblichen externen Wärmelasten mit einem komplizierten, heute längst nicht mehr exis tenten Klimasystem auf reiner Luft- und Konvektionsbasis weggepustet wurden. Dass die lichten Raumhöhen minimal, die Gebäudemasse nicht thermisch genutzt und der Energieverbrauch sehr hohe Werte aufwies, musste in der gegebenen Struktur akzeptiert werden, und dass dieser Energiebedarf noch fossil gedeckt wurde, war im Erstellungsjahr nichts weniger als normal.Das Ausräumen und Totalsanieren des Gebäudes erlaubte die im Titel erwähnte Metamorphose hin zu einem anlagetechnischen «Schmetterling», der bezüglich Kosten und Energieeffizienz, aber auch bezüglich Flexibilität seinesgleichen sucht. Die Entwicklung zu einem hochmodernen Haustechnikkonzept geschah in Stufen. So wurde durch die Fachplaner bis zur Submission ein erster Wurf formuliert, der durch weitere interessante Unternehmervorschläge (Pfiffner AG) von den Planern (PZM AG) zur endgültigen Reife gebracht wurde. Entstanden ist ein Produkt, das viele bereits erprobte Teilsysteme beinhaltet, aber auch in vielen Bereichen neue Wege geht, wodurch schlussendlich der hohe geforderte Energiestandard mit Leichtigkeit erreicht werden kann. Herzstück bildet eine fossilfreie Energiezentrale, die durch einen Contractor (EWZ) erstellt und betrieben wird und die Anergie einer nahegelegenen SBB-Trafostation nutzt, mit der die Grundlast des Gebäudes grösstenteils gedeckt werden kann. Die im Gebäude anfallende Abwärme wird ebenfalls maximal wiederverwertet, und auch der Worst Case – allfälliges Ausbleiben der externen Anergie und der internen Abwärme – ist abgesichert, indem die Wärmepumpen zur Not via Rückkühlaggregate Energie aus der Aussenluft beziehen können. Die Wärmepumpen decken dabei gleichzeitig als Kältemaschinen den Kälteleistungsbedarf, sofern das ebenfalls integrierte Free-Cooling nicht mehr ausreicht. Das Ganze wurde als Ammoniak-Anlage konzipiert, um umweltfreundlich, effizient und mit zwei Aggregaten betriebssicher den Leistungsbedarf zukünftiger Mieter abzudecken. Auch das Brauchwarmwasser wird umweltfreundlich erzeugt, indem drei separate CO₂-Hochtemperatur-Wärmepumpen die notwendige Wärme aus dem Kältekreislauf beziehen.

Klimakonzept

Das Klimakonzept wurde gegenüber dem alten Konzept effizient und hoch flexibel gestaltet. Die abgehängten Decken existieren nicht mehr, sondern es besteht eine offene Raumstruktur mit Hybridsegeln, die sowohl die thermische Masse des Gebäudes maximal nutzt, eine zugfreie Lufteinführung gewährleistet, akustisch wirkt und eine hohe Flexibilität bezüglich Raumeinteilung gewährleistet. Ein spezifischer Luftvolumenstrom von 5.5 m³/h/m² erlaubt eine variable und auch verdichtete Nutzung der Büroflächen bei hohen lufthygienischen und klimatischen Ansprüchen.

Die hauptsächliche Last an Wärmebedarf und Kälte wird über Strahlungs-Wassersysteme ein- bzw. abgeführt. Bei der Wärme geschieht dies hauptsächlich über thermoaktive Bauteile im Brüstungsbereich und bei der Kühlung über Strahlungsflächen bzw. über die für den Mieterausbau vorinvestierten Hybriddecken.

Durch raumtemperaturnahe Vorlauftemperaturen von Systemen konnte auf Mieter-Messungen verzichtet, und durch das Zusammenlegen von 4- auf 2-Leiter-Systeme konnten die Investitionskosten klar minimiert werden.

Die Luft wird für die drei zusammenhängenden Häuser in drei autonomen Klimazentralen auf dem Dach aufbereitet, und es werden pro Haus zwischen 66 000 und 82 000 m³/h Luft in das 1. bis 6. Obergeschoss der einzelnen Häuser befördert. Das Erdgeschoss ist ebenfalls in der Klimazentrale im Dachgeschoss untergebracht, über die Retail-Flächen, Konferenzzone, Küche, Restaurant, Fitness, Foyer usw. mit Luft versorgt werden.

Last but not least wird mit über 150 000 m³/h Luft die fünfgeschossige Garage belüftet, selbstverständlich bedarfsgesteuert. Summa summarum entstand ein Technik-«Schmetterling», der bezüglich Einfachheit kaum zu überbieten ist und der die verschiedenen Anforderungen heutiger Nutzer mit Leichtigkeit zu bespielen weiss.

Labeling

Das gesamte Energie- und Gebäudetechnik-Konzept hat massgeblich dazu beigetragen, dass das Gebäude nach LEED-Platinum zertifiziert werden kann. Ebenfalls massgeblich dazu beigetragen hat das ausgeklügelte Sanitärkonzept, für das ausschliesslich gelabelte Apparate und Armaturen mit extrem Wasser sparenden Verbrauch eingesetzt wurden.

Energiezentrale
Die Luft wird für die drei zusammenhängenden Häuser in drei autonomen Klimazentralen auf dem Dach aufbereitet.
Energiezentrale
Das Klimakonzept wurde gegenüber dem alten Konzept effizient und hoch flexibel gestaltet.
Energiezentrale
Die NH3-Wärmepumpe für Heizung und Kälte.
Walter Mathis
Walter Mathis ist Gesamtprojektleiter Ambassador House
Christian Polke
Christian Polke ist Geschäftsführer bei der Polke, Ziege, von Moos AG, Ingenieure für Gebäudetechnik, Zürich.
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