Sport- und Freizeitbauten Historisch erfrischt
Das Freibad Gruebi im Berner Oberland erstrahlt im neuen «bewährten» Antlitz und kehrt damit gleichsam zu seinen Wurzeln zurück. Eine umfangreiche Sanierung bringt die optischen Feinheiten aus der Entstehungszeit erneut hervor.

Das 1931 von Beda Hefti realisierte Freibad Gruebi in Adelboden zählt «zu den schönsten alpinen Freibädern der Schweiz», so der «Schweizerische Kunstführer» der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK). Seit 2009 befindet sich der Zeitzeuge des damaligen touristischen Aufschwungs im Bauinventar des Kantons Bern für schützenswerte Bauten.
Besonderer Stellenwert
Garderobengebäude, vorgelagertes Becken, Musikpavillon, Laubengang und Kinderbecken bilden das Freibad. Das in Harmonie gegossene Ganze aus Bergpanorama, in Holzfassaden gekleideten Ferienhäusern und der intensiven Farbigkeit der Anlage erreicht malerische Züge. Der besondere regionale und architektonische Stellenwert des «Gruebi» erlaubte von 2018 bis 2019 die Sanierung durch Akkurat Bauatelier GmbH und DUO Landschaftsarchitekten.
Im Sinne des Erbauers
Die Restaurierung umfasste die Wiederherstellung des Originalzustands der Dreissigerjahre und die Pflege der vorhandenen Bausubstanz. Das städtebauliche Gefüge blieb davon unberührt. Die heutigen Normen verlangten hingegen statische und technische Optimierungen. Ein Bereich des 50-Meter-Beckens hatte sich beispielsweise in den 90 Jahren des Bestehens um 12 Zentimeter in der Vertikalen verschoben. Neben der Ausnivellierung verringerte man den Hangdruck auf das Becken, verstärkte es für höhere Dichtigkeit mit Kohlefaserlamellen und ergänzte einen Nichtschwimmerbereich. Die Höhe des Sprungturms wurde aufgrund der unzureichenden Tiefe des Schwimmerbeckens von fünf auf drei Meter reduziert. Ein Beachvolleyballfeld ergänzt inzwischen die Anlage, und die Liegewiese sowie das Restaurant wurden modernen Ansprüchen angepasst. Durch Auslagerung der WC-Anlage mit gleichbedeutender Vergrösserung von Küchen- und Restaurantbereich sowie durch neue Öffnungen mit angepasster Speisenausgabe im Hauptpavillon ist nun ein geregelter Gastrobetrieb durchführbar. Das Stahlrohrmobiliar wurde anhand von Fotos rekonstruiert. Neue Armaturen und Leuchten fügen sich harmonisch in das bestehende Gesamtkonzept ein.
Farblich markant, gesellschaftlich relevant
Die abermalige Inszenierung mit den ursprünglichen leuchtenden Mineralfarben bedurfte intensiver Farbanalysen. Unter denkmalpflegerischer Aufsicht entfernte man Kalkablagerungen von den Keramikplatten, reinigte sie und besserte Fehlstellen aus. Nachbildungen mit nahezu der gleichen Glasur ersetzten grob beschädigte Platten.
Nutzerbedürfnisse, die sich verändert haben, stellten besondere Anforderungen an das inzwischen 90-jährige Bauwerk. Neben denkmalpflegerischen Vorgaben seien deshalb auch gesellschaftliche Faktoren in das Sanierungskonzept eingeflossen, verrät Martin Reutimann von Akkurat Bauatelier GmbH: «Zur Erbauungszeit dienten Schwimmbäder der sportlichen Ertüchtigung. Die Gäste kamen, um sich zu bewegen. Heute wollen sich die meisten vergnügen und sich entspannen. Im Vergleich zu den historischen Freibädern haben moderne Anlagen deshalb grosszügigere Liegeflächen.» Vereinzelte Elemente der Anlage seien überholt. «Die vielen Einzelkabinen sind heute kaum noch gefragt. Einige davon bauten wir deshalb zu Toiletten, Lager- oder Technikräumen um. Dem Musikpavillon fehlt es hingegen noch an adäquater Nutzung. Eine Musikkapelle nutzte diesen ursprünglich zur Unterhaltung der Badegäste», berichtet Reutimann. Man entschied sich für Rekonstruktion statt Rückbau, um ein prägendes Element des Freibads zu erhalten und dieses künftig für besondere Anlässe zu nutzen. Das ehemalige Kassenhaus dient inzwischen als Sanitätsraum mit WC-Anlage. Und noch heute weist eine Inschrift aus Messing auf dessen Erbauer hin.
Harmonisches Ganzes
Obwohl man darauf bedacht war, auch Details des Ursprungszustands wie den Trinkwasserbrunnen und die Keramikplatten der Kinderduschen zu rekonstruieren, hatte man bei der Ergänzung neuer Elemente stets das harmonische Ganze im Blick. So wurden Sprungturm und Musikpavillon neu zusammengesetzt, nehmen aber wieder ihren angestammten Platz im Freibad ein. Zwischenzeitlich zugemauerte Schattensitzplätze im Laubengang beim Kinderbecken wurden wieder instand gesetzt, Rückwand, Stützen und Holzsitzbank mussten jedoch neu montiert werden. Aufgrund des Sommerbetriebs wurden keine übergeordneten Ansprüche an die Energieeffizienz gestellt. Bestehende Fenster konnten dadurch erhalten werden. Einen nachhaltigen Betrieb der Anlage hatte man laut Reutimann dennoch im Blick: «Die komplett ersetzte Schwimmbadtechnik entspricht nun aktuellen Ansprüchen. Fernwärme beheizt neu das Badwasser und trägt ihren Teil dazu bei.»
Beda Hefti nutzt zwar vorwiegend langlebige Materialien, demonstrierte im «Gruebi» aber auch eindrucksvoll die damalige Experimentierfreudigkeit mit Formen und Farben wie dem runden Kinderbecken, das nach Originalplänen von Hefti rekonstruiert wurde. Auch an technischen Innovationen versuchte sich der Baumeister. Eine mechanische Installation in den Kinderduschen setzte einst automatisch beim Betreten der Dusche und des Ablaufschachtes das Wasser in der Brause frei. Aufgrund von Rost und Kalk konnte der Mechanismus nicht wiederhergestellt werden, blieb unter der neuen Abdeckung jedoch erhalten.
Vor idyllischer Bergkulisse
Das «Gruebi» lebt von der szenografischen Umsetzung, deren Rahmen von der Bergkulisse vorgegeben ist. Während vereinzelte Bäume als Schattenspender blieben, verschwanden Blumentröge, Pflanzen und Hecken im Zuge der Sanierung. Treppen und Sitzstufen fügen sich punktuell in das bestehende Gesamtbild ein. Neue Ausstattungen und Beleuchtungen wirken im Hintergrund. Das ist einer vollständigen Entfaltung der Architektur zuträglich.
Zur Realisierung des Projekts bedurfte es laut Reutimann vor allem Überzeugungsarbeit, weil das Originalbauwerk bis zur Sanierung deutlich an seiner Einzigartigkeit eingebüsst hatte. «So mussten Bauherrschaft und Bevölkerung von der Bedeutung dieses Schmuckstücks sowie einer möglichst originalgetreuen Wiederherstellung zunächst überzeugt werden. Die Freude der Besuchenden bei der Wiedereröffnung war mehr als eine faire Entschädigung», verrät der Architekt. Die GSK verrät augenzwinkernd, was die Vergangenheit komplettieren könnte: «Nur der damalige Sandstrand fehlt heute.» ●
Bautafel
Original Beda Hefti, 1931
Bauvorhaben Sanierung und Rekonstruktion
Architektur Akkurat Bauatelier GmbH, Thun
Landschaftsarchitektur DUO Landschaftsarchitekten Sarl, Lausanne
Bauherrschaft Gemeinde Adelboden
Restauratoren Roger Tinguely, Steffisburg; Maja Fluri, Bellach
Statik Emch + Berger AG, Spiez
Schwimmbadbau Beck Schwimmbadbau AG, Winterthur
Elektroplanung Elektroplan Buchs &Grossen AG, Frutigen
Möblierung Rekonstr./MassanfertigungenHüba AG, Möbel in Metall, Luzern














