Shopdesign ist Erlebnisdesign
Mach Architektur hat für verschiedene internationale Firmen Ladenkonzepte entwickelt und deren Umsetzung geplant. Das sogenannte Roll-out gehört zum Kerngeschäft des Zürcher Architekturbüros.

Ich vergleiche diese Tätigkeit gern mit derjenigen eines Schneiders. Jeder, der in seine Werkstatt kommt, hat unterschiedliche Körpermasse. Am Ende bekommt der Kunde ein massgeschneidertes Produkt mit einem übergeordneten Stil. Häufig begegnen wir in den Innenstädten denkmalgeschützten Bauten, zudem sind die Räumlichkeiten je nach Land sehr unterschiedlich. Jedes Haus hat eben seine eigene Identität. Dazu kommt noch ein Aspekt, nämlich die Eigenheiten der Marke an sich. Ein Laden besteht aber nicht nur aus sichtbaren Teilen, es geht vielmehr um ein Erlebnis. Die Innenarchitektur kann die räumliche Wahrnehmung wesentlich beeinflussen. Wir können die Bewegung der Kunden im Raum gezielt steuern und damit der Marke helfen, eine massgeschneiderte Lösung für ihr Produkt zu finden. Retail is detail.Worin besteht Ihre Arbeit?
Es geht nicht darum, Materialien und Möbel in den Laden zu stellen, ein solches Konzept könnte man mit einem Möbelproduzenten umsetzen. Wenn man Wert auf eine detaillierte Ausbauqualität legt, funktioniert das nicht so. Dafür braucht es ein komplexes Know-how. Wir schaffen ebenfalls die Instrumente, um das Konzept zu vervielfältigen.
David Marquardt
Wie ist das Verhältnis zwischen dem übergeordneten Stil einer Boutique und den örtlichen Charakteristiken? Und wie definieren Sie so einen Stil?
Die spezifischen Eigenheiten eines Raums machen etwa 20 Prozent aus. Bei den anderen 80 Prozent ist unsere Arbeit stark von der Art der Branche abhängig. Wir entwickeln unsere Konzepte um das Produkt oder die Dienstleistung herum, die angeboten werden. Mit dem Stil lösen wir beim Kunden ein bestimmtes Gefühl aus, und dieses muss auf die Art des Produkts oder des Ladenkonzepts abgestimmt werden. Wir werden auch beauftragt, eine bestimmte Positionierung der Marke glaubwürdig umzusetzen und zu begleiten. Das war zum Beispiel bei Iqos der Fall. Wir haben für ein relativ günstiges Produkt ein Konzept entwickelt und eine Positionierung verfolgt, die ebenso zu einer Schmuckmarke passen würden.
Für Iqos haben Sie ausserdem ein Manual entwickelt. Was ist die Aufgabe eines solchen Handbuchs? Was für Informationen sind dort zu finden?
Ein Designprozess ist eine komplexe Sache. Das Manual ist eine Art Gesetzbuch, in dem unterschiedliche Elemente festgehalten werden. Es ist ein internes Kommunikationstool, ein gemeinsamer Nenner, ein Nachschlagewerk. Das ist notwendig, denn bei internationalen Firmen sind extrem viele Personen involviert. Wir definieren alle Materialien und legen die genaue Detaillierung fest. Das hilft uns überdies bei der Erstellung der jeweiligen Pläne für die Boutiquen. Es genügt dann eine Nummer für ein bestimmtes Material. Diese Kodierung ist bei dieser Form der Multiplizierung sinnvoll, Bilder genügen nicht, denn die Angaben müssen sehr präzis sein. Das Manual ist eine Sichtbarmachung unseres Konzepts, die Garantie, dass es funktioniert.
Worin besteht die Handschrift von Mach Architektur bei den Roll-out-Projekten?
Unsere Handschrift im strengen Sinne können wir eher im Designbereich einbringen. Beim Roll-out geht es um etwas anderes. Unsere Handschrift dort besteht darin, qualitativ gute Pläne zu produzieren. Das klingt jetzt merkwürdig, ist aber extrem wichtig. Denn wenn die Pläne nicht präzis sind, dann wird es in der Ausführung Probleme geben. Unsere Handschrift ist in diesem Fall unsere Planungsqualität. Das sind Dinge, die man nicht auf Anhieb bemerkt. Umgekehrt wird man schlechte Qualität sofort erkennen. Das wäre eine Handschrift der Fehler. Und genau das wollen wir vermeiden. Wie beim Anzug des Schneiders: Er muss nicht nur gut aussehen, die Person muss sich darin auch gut bewegen können. Und er sollte gut altern.
Arbeiten Sie auch mit Prototypen bei der Entwicklung dieser globalen Konzepte?
Ja, es gibt verschiedene Arten von Prototypen. Erstens müssen der Raum und seine Eigenschaften getestet werden. Zweitens müssen wir schauen, dass die ausführenden Unternehmen unsere Pläne richtig umsetzen, und drittens muss die Funktionalität der Möbel überprüft werden, denn diese werden ja dann x-fach ausgeführt. Prototypen dienen der Qualitätssicherung unseres Entwurfs.
Was ist das Ziel eines guten Ladenkonzepts?
Dass die Kunden sich in dem Laden wohlfühlen. Stressfreies Einkaufen soll ja nicht nur zu Hause vor dem Bildschirm stattfinden. Deswegen ist der Erlebniswert beim Verkauf ein wichtiges Element, denn der Ladenbesuch bietet ebenfalls sensorische Erlebnisse. Ein Shop soll nicht nur schön aussehen, man will dort vielleicht auch etwas probieren oder anfassen können. Es geht ausserdem darum, verschiedene räumliche und physische Situationen zu kreieren, je nach Art der Leistung, die angeboten wird. Ein weiteres Ziel ist die Interaktion der Marke mit den Konsumierenden. Dazu kann ein gut konzipiertes Design viel beitragen. Shopdesign ist im Grunde genommen Erlebnisdesign. Der soziale Aspekt ist ebenso Teil dieses Erlebnisses, Läden sind überdies Begegnungsorte. Mit dem Boutiquedesign schaffen wir semiöffentliche Orte. So gesehen, unterscheidet sich dieser Bereich gar nicht so stark von unseren anderen Architekturprojekten. ●
David Marquardt
















