Leichte Monumentalität

Im kanadischen Trois-Rivières steht ein spektakuläres Amphitheater. Das Spiel seiner Reflexion im Wasser verstärkt die Präsenz des Bauwerks und schafft eine einzigartige Wirkung.

Trois-Rivières
Die luftige Eleganz und die Monumentalität sind das Resultat der einfachen Anordnung einiger architektonischer Elemente.
Von Marianne Kürsteiner (Text) und Adrien Williams (Bilder)
Im kanadischen Trois-Rivières steht ein spektakuläres Amphitheater. Das Spiel seiner Reflexion im Wasser verstärkt die Präsenz des Bauwerks und schafft eine einzigartige Wirkung.

Das neue Amphitheater erzeugt – auch durch seine Spiegelung im Wasser des Sankt-Lorenz-Stroms – eine grossartige Wirkung sowie einen überraschenden Kontrast; es verkörpert gleichzeitig ein städtisches Highlight. Unter einem 7200 Quadratmeter grossen rechteckigen Dach beherbergt der 26 Meter hohe Bau einen Veranstaltungsort für Kunst und Kultur. Er kann bis zu 3500 stationäre Stühle aufnehmen – und auf dem Rasen können 5200 zusätzliche Sitzplätze angeordnet werden. Innen- und Aussenräume verschmelzen und verleihen dem Standort, an dem früher eine Papierfabrik stand, eine neue Identität.Am Flussufer vor dem Amphitheater steht der Name der Stadt in grossen Buchstaben auf 6 Meter hohen Platten aus Sperrholz – wie ein riesiges Schild, das an Containerschiffe erinnert, die flussabwärts in Richtung Meer fahren.

Das neue Amphitheater von Trois-Rivières, das nach dem Telekommunikations-Unternehmen Cogeco benannt wurde, ist von strategischer Bedeutung. Mit seinem roten Dach von einzigartiger Finesse liegt es gegenüber der Insel Saint-Quentin an der Mündung der Flüsse Saint-Maurice und Saint-Laurent. Damit ist das 8700 Sitzplätze überdeckende, ikonische, am Horizont schwebende Dach das Wahrzeichen der Stadt geworden, ein unvergleichlicher Mehrwert und eine grosse Attraktion für die Region.

Ein strategischer Standort

Das Projekt von Paul Laurendeau konzentriert sich auf einen der schönsten Orte der Stadt, an dem bis zur industriellen Krise Anfang der 2000er-Jahre eine ehemalige Papierfabrik stand. 2010 wurde ein Wettbewerb zur Revitalisierung der kränkelnden Wirtschaft lanciert, wobei gleichzeitig das kulturelle Angebot stimuliert werden sollte. Ziel dieses Projektes war, der Stadt ein neues, grosszügiges und offenes Amphitheater zu geben. In den 2000er-Jahren begann die Stadt Trois-Rivières mit der Arbeit an einem grösseren Requalifizierungsprojekt für die Stätte am St. Lawrence und St. Maurice. Die Lage des Geländes in einer ehemaligen Industriezone neben dem Park vor dem Hafen, dem Stadtzentrum, den Flüssen Saint Lawrence und der Insel Saint-Quentin erforderte eine majestätische, harmonische und lebendige Konstruktion. Die Gemeinde wollte, dass das gesamte Projekt den Zusammenhalt einer Gemeinschaft zeigt, die sich um ein Projekt zusammengeschlossen hat, das der Verbindung von Freizeit und Kultur dient.

2011 gewann Paul Laurendeau den Architekturwettbewerb und realisierte das Projekt zusammen mit Beauchesne Architecture Design in Trois-Rivières mit einem anfänglichen Budget von 34 Millionen US-Dollar. Der Bau wurde im Juli 2015 abgeschlossen, und seine Einweihung wurde mit einer aussergewöhnlichen Show des Cirque du Soleil gefeiert. Landschaftsgestaltung und Beschilderung wurden im Oktober 2016 abgeschlossen. Die Panorama-Aussichten aus dem Amphitheater auf die Flüsse St. Maurice und St. Lawrence, die Qualität der Installation, die Entwicklung des Geländes und der öffentlichen Uferzonen, die Qualität der Innenräume in Bezug auf natürliche Beleuchtung, die extreme Lesbarkeit der formalen Komposition und die Einfachheit der räumlichen Organisation widerspiegeln sich in den Bauwerken, deren luftige Eleganz und Monumentalität dazu beitragen, die Identität der Stadt Trois-Rivières zu festigen. Die Shows und Aufführungen, die dort stattfinden, sind bedeutende städtische und gesellschaftliche Ereignisse. Die luftige Eleganz und die Monumentalität sind das Resultat der einfachen Anordnung einiger architektonischer Elemente. Das Dach zeichnet eine rechteckige Fläche von 80 × 90 Meter, getragen von 8 schlanken Säulen mit 850 Millimeter Durchmesser und 26 Meter Höhe aus farbigem Aluminium. In der Nacht wird die Decke von einem strahlend roten Licht illuminiert. Die funktionstechnischen Komponenten, das Foyer, die Bar, die Sessel, die Bühne, die Reserven, die Laderampen sowie die Umkleideräume sind unter dem Dach untergebracht. Die von vertikalen Rampen beleuchteten Seitenwände rahmen die Szene ein. Das zurückversetzte Volumen des Turms, das mit abwechselnden roten vertikalen Streifen versehen ist, verbindet den unteren Raum mit der Metalloberfläche des Daches. Die verglaste Fläche des Haupteingangs reflektiert das Licht der untergehenden Sonne.

Vier feine farbige Aluminiumsäulen umrahmen den Eingang des Foyers, der Bühne und der technischen Räume. Im Vordergrund empfängt eine offene Plaza die Besucher vor den Shows. Eine Öffnung in einer der Seitenwände führt die Zuschauer in den VIP-Lounge-Bereich und bietet einen diskreten Zugang zur Toilette. Anstelle einer traditionellen Türe schafft die Öffnung einen theatralischen Übergang zwischen den diversen Räumen. Beim Betreten sieht man auf jeder Seite zwei rote Wände, die einen Vorhangeffekt imitieren und den Korridor anzeigen, der VIP-Zuschauer zu ihren Plätzen führt. Das leuchtend rote Dach schwebt über dem Publikum und schützt sowohl vor der Sonne als auch vor Regen. Die Flüsse und die Insel Saint-Quentin in der Ferne fügen sich spielerisch in das Dekor ein und bereichern es. Die theatralische Funktion des Gebäudes spiegelt sich in seiner Architektur.

Ein neues Leben auf dem Industriegelände

Der Wettbewerb forderte die Architekten auf, ein Gebäude zu realisieren, das in der Lage ist, eine internationale Identität zu schaffen, vergleichbar mit dem Sydney Opera House . Der gewählte Ort sollte nach seiner industriellen Vergangenheit der Bevölkerung den Zugang zu den Ufern des Flusses verschaffen. Die geplante Infrastruktur wie Wanderwege, Promenaden, öffentliche Plätze und kulturelle Einrichtungen sollen dabei die Attraktivität der Region erhöhen. Von Mai bis September können im Amphitheater Live-Shows oder private Veranstaltungen wie lokale Symphoniekonzerte oder Jazzfestivals durchgeführt werden. Von Oktober bis April ist die Bühne durch eine grosse Isoliertüre geschützt. Die Innenräume bieten im Winter 700 Plätze für Veranstaltungen. ●

Trois-Rivières
In der Nacht wird die Decke von einem strahlend roten Licht illuminiert.
Trois-Rivières
Das Dach zeichnet eine rechteckige Fläche, getragen von acht schlanken Säulen aus farbigem Aluminium.
Trois-Rivières
Das Amphitheater hat 8700 Sitzplätze.
Trois-Rivières
Paul Laurendeau erhielt 2016 vom Generalgouverneur die Medaille für Architektur für das Trois-Rivières-Amphitheater-Projekt.
Trois-Rivières
Anstelle einer traditionellen Türe schafft die Öffnung einen theatralischen Übergang zwischen den diversen Räumen. Beim Betreten sieht man auf jeder Seite zwei rote Wände, die einen Vorhangeffekt imitieren und den Korridor anzeigen.
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