Architekt erzählt

Der aus Cham stammende Architekt Josef Stöckli hat eine Werkgeschichte geschrieben, die auch Biografie und Zeitzeugnis ist.

Josef Stöckli
Das vermutlich bekannteste Werk von Josef Stöckli ist das Quartier Alpenblick in Cham, eine Hochhaussiedlung aus den 1960er-Jahren.
Von Manuel Pestalozzi
Der aus Cham stammende Architekt Josef Stöckli hat eine Werkgeschichte geschrieben, die auch Biografie und Zeitzeugnis ist.

Joseph Stöckli findet in seinem Werkbericht eine gute Balance zwischen der Schilderung des intuitiven, wachsamen Erlebens und dem Bezeugen wissenschaftlich-künstlerischer Neugier. Das in einem haptisch-sinnlichen leinengeprägten Einband steckende Buch kombiniert das Genre der Memoiren mit jenem der Werkmonografie. Der Architekt schildert das geografische und historische Umfeld seiner Kindheit und Jugend und vermittelt einen Einblick in die Interpretation der «Heimatverbundenheit» seiner Generation.Seine Karriere begann in Zug mit einer Bauzeichnerlehre. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte der junge Berufsmann die Gelegenheit, sich auf Lehr- und Wanderjahre zu begeben. Er konnte in London und in Edinburgh bei keinem Geringeren als Sir Basil Spence anheuern, einem der damals angesagtesten Architekten Grossbritanniens. Daneben studierte er am Polytechnikum. Mit einem anderen Mitarbeiter betraute ihn Sir Basil mit der Ausarbeitung des epochalen Projekts: der neuen Kathedrale im zerbombten Coventry. Josef Stöckli erzählt über Eindrücke, Konzepte und Begegnungen rund um diese Aufgabe, die auch zur Beteiligung am Entwurf anderer Kirchenprojekte im Büro Spence führten. Er ergänzt dies mit einer Einschätzung der Kapelle von Ronchamp. Dieses Werk von Le Corbusier besuchte er mehrmals, als er in den Ferien nach Hause reiste. Als diplomierter Architekt kehrte Josef Stöckli in die Schweiz zurück und machte sich 1959 in Zug selbstständig.

Der zweite Teil seiner Werkgeschichte befasst sich mit den wichtigen Projekten, die er fortan vorwiegend für Standorte im Kanton Zug entwarf. Er beschreibt sie, als seien sie seine Kinder: von der Schwangerschaft über die Geburt bis in die Zeit, in der sie voll im Leben stehen – wozu auch aktuelle Fotografien ihren Beitrag leisten. Das bekannteste Werk ist vermutlich das Quartier Alpenblick in Cham, eine Hochhaussiedlung aus den 1960er-Jahren direkt an der Bahnlinie. Auch nicht umgesetzte Entwürfe werden nochmals mit Herzblut gewürdigt. Das letzte Projekt ist der Terrassenhaus-Cluster Schillerrain in Brunnen – ein erfreuliches Unternehmen, ein schöner Abschluss, resümiert der Architekt.

Josef Stöckli hat die Moderne in der Zentralschweiz und insbesondere den urbanen Charakter der Stadt Zug wesentlich mitgeprägt. Bis zum Schluss ist er ein Verfechter der «schlichten Moderne» geblieben, der «opulenten Moderne», die er aktuell im Schwang sieht, prophezeit er keine nachhaltige Wirkung. Auch den aktuellen Hochhausboom in der Schweiz kommentiert er in seiner Schlussbetrachtung am Ende dieses lesens- und betrachtenswerten Buches durchaus kritisch.

Josef Stöckli

Autor Josef Stöckli

Buchtitel Werkgeschichte eines Architekten

Verlag Verlag Victor Hotz

ISBN 978-3-9524417-8-7

Preis CHF 48.00

Josef Stöckli
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