Von der Gesamtschau zur gebauten Verdichtung
Die Innenentwicklung bietet die Chance zu einer umfassenden Steigerung der Lebensqualität. Um sie zu nutzen, muss die Planungspraxis folgende Fragen stellen: Wie lassen sich bestehende Siedlungsräume besser nutzen, und wie kann die Mobilität siedlungs- und umweltverträglicher abgewickelt werden?
Die Innenentwicklung bietet die Chance zu einer umfassenden Steigerung der Lebensqualität. Um sie zu nutzen, muss die Planungspraxis folgende Fragen stellen: Wie lassen sich bestehende Siedlungsräume besser nutzen, und wie kann die Mobilität siedlungs- und umweltverträglicher abgewickelt werden?
Von der Expansion zur Transformation
Nach der Phase der Zersiedelung in die Fläche und Erschliessungen auf der grünen Wiese geht es jetzt darum, aus dem häufig wenig dichten Siedlungsteppich und dem oft zufälligen, zusammenhangslosen Nebeneinander tatsächlich funktionierende Quartiere zu gestalten. Der Fokus der Raumplanung ändert sich damit fundamental: Es geht nicht mehr um das Parzellieren und Erschliessen der Landschaft, sondern um die langfristig angelegte Transformation des bestehenden Siedlungskörpers. Die Fragen, was ein gutes Quartier ist, welche Elemente dieses auszeichnen, welche Sozialstrukturen erstrebenswert sind, welche Typologien in der Bebauung, im Freiraum und in der Erschliessung zum Zuge kommen, stellen neue Anforderungen an das Planungsinstrumentarium. Eine Planung nach Regelschema ist bei Vorhaben im Bestand nicht möglich. Dieser Paradigmenwechsel verändert die Planungspraxis und erfordert ein Umdenken ¹:
– weg von der Expansion, hin zur Transformation
– weg vom Verwalten, hin zum Gestalten
– weg von hoheitlich, hin zu strategisch und partnerschaftlich
– weg von jeder für sich, hin zu gemeinsam und grenzüberschreitend
– weg von sektoriell, hin zu interdisziplinär
– weg von punktuellen Einzelentwicklungen, hin zur kontinuierlichen Transformation
Am Anfang steht die Gesamtschau
Dabei steht aus unserer Sicht zu Beginn die Erstellung einer Gesamtschau auf kommunaler Ebene. Diese Definition von strategischen Grundsätzen auf Gemeinde- bzw. Stadtebene bildet eine unerlässliche Basis für die Innenentwicklung. Die − mit Vorteil partizipativ erarbeiteten − räumlichen Strategien zur Gemeindeentwicklung beinhalten konkrete Aussagen zur Verdichtung und dienen der öffentlichen Hand als zentrale Steuerungsgrundlage und Entscheidungshilfe. Auf Basis der Strategie können die konkreten Schritte zur Verdichtung direkt angegangen werden: Informelle Konzepte oder Masterpläne, verbindliche Sondernutzungspläne oder Zonenänderungen wie auch kooperative Planungen sind Beispiele für wichtige Umsetzungsschritte. Sie zielen ab auf umsichtige, interdisziplinäre und ortsbaulich spezifische Planungslösungen, die auf einem Konsens von Politik, Verwaltung, Grundeigentümern und Bevölkerung aufbauen.
Alle müssen profitieren
Für das Gelingen von Verdichtungsprojekten ist eine Vielzahl von Faktoren − beispielsweise der Prozess, die erzielte Qualität sowie natürlich die angestrebte Dichte und damit die Wirtschaftlichkeit − von Bedeutung. Dies alles zu erreichen ist anspruchsvoll und kostet Geld. Zentral ist es deshalb, mithilfe eines entsprechenden Ausgleichs einen Mehrwert für alle Seiten zu erzielen:
– Mehrwerte für die Gemeinde: z. B. Erreichen der Entwicklungsziele oder Ausgleich von Planungskosten
– Mehrwerte für das Quartierumfeld: z.B. differenziertes Wohnungsangebot und hohe Wohnqualität
– Mehrwerte für die Grundeigentümer: z. B. höhere Nutzflächen und Planungssicherheit
Innenentwicklung in Oberwil BL
Den Grundstein für die Innenentwicklung in der Gemeinde Oberwil legte der kommunale Richtplan von 2012. Als strategische und konzeptionelle Grundlage erarbeitete Metron später eine Innenentwicklungsstrategie. Das Werkzeug dazu: die Metron-Dichtebox.² Als Teil der Innenentwicklungsstrategie wurden die Potenziale der Innenentwicklung systematisch untersucht und u. a. ortsspezifische Verdichtungsprinzipien sowie Qualitätsmerkmale benannt. Darauf aufbauend führte die Hochschule Luzern in Kooperation mit Metron einen partizipativen Quartierentwicklungsprozess durch: Im Rahmen eines Modellvorhabens des Bundesamts für Raumentwicklung wählten die Planer zwei exemplarische Gebiete dafür aus und führten den Prozess in intensiver Zusammenarbeit mit den Grundeigentümern durch.
Aktuell erarbeitet Metron in einem der Gebiete einen Quartierplan. Auftraggeber sind die Grundeigentümer, die sich entschlossen haben, ihre Nachbarschaft über ihre Grundstücksgrenzen hinweg gemeinsam zu entwickeln. Der Quartierplan ist das Ergebnis des bisherigen Planungsprozesses und bildet die rechtliche Basis für die Bauvorhaben und damit die reale Umsetzung einer qualitätsvollen Verdichtung.
¹ Tripartite Agglomerationskonferenz TAK (2014): Das 3×3 der nachhaltigen Siedlungsentwicklung, Bern.
² Metron-Themenheft 27: Dichtebox – 7 Tools zur Innenentwicklung, Brugg.Der vorliegende Artikel gehört zur Reihe «Verdichtet bauen», einer Zusammenarbeit von «Architektur +Technik», Creafactory, Agentur für Marketing und Kommunikation, und der HIG Immobilien Anlage Stiftung.