Nur scheinbar Stein

Den markanten Sandsteinbau des Zürcher Hauptbahnhofs schmücken verschiedene Figuren, darunter mehrere aus Zink. Scherrer Metec sorgt in enger Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten dafür, dass die Figuren nach der Sanierung des Bahnhofs wieder in neuem Glanz erstrahlen.

Sandsteinbau
Den markanten Sandsteinbau des Zürcher Hauptbahnhofs schmücken verschiedene Figuren, darunter mehrere aus Zink. Scherrer Metec sorgt in enger Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten dafür, dass die Figuren nach der Sanierung des Bahnhofs wieder in neuem Glanz erstrahlen.
Der Zürcher Hauptbahnhof ist der wichtigste Eisenbahnknotenpunkt der Schweiz und gilt als einer der meistfrequentierten Bahnhöfe der Welt. Er spielt nicht nur eine Hauptrolle im öffentlichen Verkehr, sondern ist als Bauwerk auch ein Kulturgut von nationaler Bedeutung. Die SBB trägt entsprechend Sorge dafür, weshalb sie den 1867 bis 1871 im Stil der Neorenaissance erstellten Sandsteinbau von 2018 bis 2023 generalsaniert. Im Zug der Instandsetzung durfte Scherrer Metec verschiedene Spenglerarbeiten ausführen. Unter anderem hat das Unternehmen den Auftrag erhalten, fünf Fassadenfiguren aus Zink zu restaurieren.

Zink statt Stein

Vor dem Start der Sanierung untersuchte der Fachspezialist Gregor Frehner die Sandsteinfassaden und ihre zahlreichen Schmuckelemente, um das Sanierungskonzept auszuarbeiten. Es zeigte sich, dass die meisten der Figuren und Verzierungen aus gegossenem Zementstein bestehen, fünf der grossen Figuren jedoch aus Zink: die Dreiergruppe um die Helvetia, die mit Blick auf die Bahnhofstrasse über dem Hauptportal thront, sowie zwei Engelfiguren mit Zürich-Wappen, sogenannte Genien, die auf den Giebelecken an der Stirnseite der Bahnhofhalle stehen.
Die Bestandsaufnahme zeigte, dass die Figuren in einem ziemlich schlechten Zustand waren. Ebenso wie die Bahnhofshalle hatte man sie zuletzt in den Jahren 1976 bis 1980 restauriert, im Laufe der Jahrzehnte waren sie mehrfach neu gestrichen worden. Die Ausschreibung für die neuerliche Instandsetzung entschied Scherrer Metec für sich. Georg Frehner freut das: «Ich wusste von anderen Projekten, dass sie sehr sorgfältig aber auch kreativ mit der historischen Substanz umgehen würden und dass die Zusammenarbeit bestens klappen wird.»

Teamwork schafft gute Lösungen

Für Scherrer Metec war sofort klar, dass weitere Fachleute hinzugezogen werden müssen. Denn es galt nicht nur, die Zinkstruktur zu restaurieren, sondern die Figuren sollten auch einen neuen Anstrich bekommen. Ursprünglich waren sie im Farbton des Sandsteins gestrichen worden, damit sie sich harmonisch in das Fassadenbild integrierten. Das liess sich aus Schwarzweissfotos der Bauzeit schliessen, und diesen Effekt wollten die Verantwortlichen wieder erreichen.
Mit den Farbspezialisten Fontana & Fontana hat Scherrer Metec schon mehrfach erfolgreich zusammengearbeitet; alle Beteiligten wussten, was sie voneinander erwarten konnten. Ein klarer Vorteil, gerade bei einem so anspruchsvollen Projekt, bei dem neben Bauherren und Architekten immer auch die Denkmalpflege mitentscheidet.

Engel mit Überraschungen

Die beiden Engel machten den Anfang. Normalerweise werden solche Figuren vor Ort restauriert, um das Risiko für Schäden so gering wie möglich zu halten. Doch weil bei beiden Genien der darunterliegende Sandsteinsockel erneuert werden musste, nutzte Scherrer Metec die Gelegenheit und holte sie vom Dach. In der Werkstatt zeigte sich dann, weshalb sie viel schwerer waren als erwartet: Sie waren bei der letzten Sanierung mit Bauschutt und Beton gefüllt worden, um ihnen Stabilität zu verleihen und sie ohne weitere Befestigungen an ihrem Platz zu halten – eine aus heutiger Sicht eher unorthodoxe Massnahme.
Doch bei historischen Bauwerken kann es solche Überraschungen geben – entscheidend ist der Umgang damit. Hier zeigte sich die Professionalität der beteiligten Firmen: In enger Absprache von aller Beteiligten wurde die Situation neu beurteilt. Bei historischer Bausubstanz stellt sich immer die Frage, ob man möglichst das Original wiederherstellen oder frühere Ausbesserungen übernehmen soll. Ziel einer Sanierung ist stets, ein Bauwerk für weitere 30 bis 40 Jahre fit zu machen. Das kann durchaus bedeuten, dass der Originalzustand nicht wiederhergestellt wird; meist haben sich die Umstände und Ansprüche verändert, ebenso die Umweltbedingungen und die Witterung, die einem Bauwerk zusetzen können.
Im Fall der Genien beschlossen die Verantwortlichen jedoch gemeinsam, die gesamte Füllung sorgfältig auszubohren, um den Originalzustand so weit wie möglich wiederherzustellen und auch die Innenseite instand setzen zu können.

Handwerkskunst und clevere Befestigung

Nachdem die Figuren ausgehöhlt worden waren, entfernten die Fachleute von Fontana & Fontana sämtliche Farbschichten. Nun waren die Zinkgussfiguren im Rohzustand und damit bereit, in der Werkstatt von Scherrer Metec sorgfältig geflickt und ausgebessert zu werden. Eine Metallanalyse, um die genaue Legierung zu erfahren, ergab keine Überraschungen. Ziel der Restaurierung war die Beständigkeit: Man wollte möglichst viel der originalen Substanz erhalten und gleichzeitig sicherstellen, dass die Figuren wieder ein paar Jahrzehnte Wind und Wetter standhalten. So fragte man sich an jeder Stelle: Hält das noch eine weitere Generation oder müssen wir die vorhandene Ausbesserung ersetzen oder verstärken? Fachwissen und viel Erfahrung sind bei solchen Projekten unabdingbar.
Ganz neu musste die Befestigung gedacht werden, da die Figuren durch das Entfernen der Füllung nun ja wieder deutlich leichter waren. Scherrer Metec hat hierzu je ein massives Stahlrohr auf einer Platte montiert, auf das die unten offenen Figuren gesetzt werden und das sie von innen stabilisiert.

Farbwahl den Spezialisten überlassen

Während die Figuren in der Werkstatt bearbeitet wurden, diskutierten alle Verantwortlichen unter Federführung der Architekten die neue Farbgebung. Claudio Fontana blickt entspannt auf die Entscheidungsfindung zurück: «Am Entscheid waren zwar viele Stellen beteiligt: Bauherrschaft, Architekten und die Denkmalpflege. Doch es lief reibungslos. Scherrer Metec hielt sich bewusst zurück. Das schätze ich an der Zusammenarbeit: Wir beide wissen genau, wo unsere Kompetenzen liegen und wo nicht. Unabdingbar ist aber auch das gegenseitige Interesse und das Verständnis für die Aufgabe des Anderen. Um komplexe Projekte erfolgreich abzuschliessen, braucht es diese Einsicht.»

Nächster Halt: Helvetia

Nach der Neufassung durch Fontana & Fontana im Farbton des bereits verwitterten Sandsteins wurden die beiden Genien wieder an ihre angestammten Plätze auf dem Giebel der Ostfassade transportiert. Wer Glück hatte, konnte an einem regnerischen Junitag vor grau verhangenem Himmel fliegende Engel sehen …
2021 kommt die Helvetia-Gruppe an die Reihe. Diese drei Figuren werden vor Ort restauriert. Weitere Überraschungen sind keine zu erwarten. Die Zusammenarbeit mit den anderen beteiligten Fachleuten ist eingespielt und das Ziel klar: Helvetia und die beiden Allegorien für Eisenbahn, Telegrafie und Schifffahrt sollen wieder über dem Bahnhofplatz thronen wie neu – und aussehen, als wären sie in Stein gemeisselt.

scherrer.biz

Bauherrin SBB, ZürichArchitekturAebi Vincent Architekten SIA AG, Bern

BauleitungFanzun AG, Zürich

Fachleitung Gregor Frehner, Winterthur

Spenglerarbeiten Scherrer Metec AG, Zürich

Malerarbeiten Fontana & Fontana AG, Jona

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