Infrastruktur – Dienen und zeigen
Die Infrastruktur als Heinzelmännchen der Zivilisation.

Botschaft und Inhalt
Der Franzose Claude-Nicolas Ledoux (1736 – 1806) errichtete kurz vor der Revolution von 1789 an der rund um Paris verlaufenden Mauer der Generalpächter sogenannte Bureaux. Diese klassizistischen Zollstationen finanzierten nicht bloss den verschwenderischen Stil des Regimes, sie brachten ihn mit überschwenglicher Pracht und eigensinnig eingesetzten Stilzitaten auch sehr deutlich zum Ausdruck. Die Rotonde de la Villette, erbaut 1788, ist noch eines der wenigen Überbleibsel jenes Steuersystems, das bereits 1791 wieder abgeschafft wurde. Ledoux entwarf auch die königlichen Salinen von Chaux in Arc-et-Senans als Teil einer Versorgungsinfrastruktur. Die palastartige, symbolbeladene Anlage ist heute ein Museum.
In der Neuzeit war es vor allem die Elektrizität, die Infrastrukturbauten von bleibendem baukünstlerischem Wert hervorgebracht hat. In der Sowjetunion scheute das Regime keine Mühe, die grossen Stauwerke und Generatorenhallen als Kathedralen des Sozialismus in Szene zu setzen. In den USA wurde in den 1930er-Jahren mit Franklin D. Roosevelts «New Deal» die Tennessee Valley Authority (TVA) gegründet. Die solide gebauten Art-déco-Kraftwerke dieses bundesstaatlichen Unternehmens machen den Stolz über das damalige Entwicklungs-programm spürbar. Auch die Stromwirtschaft der Schweiz bringt ihre Bedeutung mit Bauten klar zum Ausdruck. Dabei muss man nicht immer an die grossen Kraftwerke denken, wie etwa jenes von Küblis im Prättigau oder jenes unterhalb von Eglisau am Rhein. Es gibt in manchen Gemeinden auch historische Transformatorenhäuschen, die einen festen Platz im betreffenden Ort erobert haben.
Aus den Augen, aus dem Sinn?
Moderne Infrastruktur gilt häufig als hässlich. Man lagert sie aus oder verbannt sie in den Untergrund. So kann man sagen, dass Infrastrukturbauten heute mehr denn je «Terratektur», Kavernen und Schächte sind. Fast nur noch die grossen Abfallverwertungsanlagen zeigen mitunter mit brachialer Pracht, was Infrastrukturanlagen für unsere Gesellschaft bedeuten. Es wäre zu begrüssen, wenn sich die Heinzelmännchen wieder stärker ans Tageslicht vorwagen würden.