Bildungsbauten – Identität statt Hochglanz

Seit 10 Jahren forsche ich an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur zum Thema Arbeitswelten und damit, wie diese gestaltet sein müssen, damit die Mitarbeitenden an ihrem Büroarbeitsplatz ihr Potenzial entfalten können.

Sibylla Amstutz
Prof.  Sibylla Amstutz, dipl. Arch. HTL/SIA/VSI. ASAI, Leiterin der Forschungsgruppe Innenarchitektur an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur
Bedürfnisgerechte Hochschulbauten
Seit 10 Jahren forsche ich an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur zum Thema Arbeitswelten und damit, wie diese gestaltet sein müssen, damit die Mitarbeitenden an ihrem Büroarbeitsplatz ihr Potenzial entfalten können. Vielfalt, Aneignung und Komfort sind die grossen Themen. Die Arbeitsumgebung sollte vielfältig gestaltet sein und konzentrierte Stillarbeit, Teamarbeit, aber auch Austausch und Begegnung unterstützen. Dabei sollen die Räume als Handlungsspielräume erlebbar sein, die die Mitarbeitenden ihren Bedürfnissen anpassen und damit aneignen können.Dies gilt auch für Hochschulbauten: Sie müssen unterschiedliche Lehr- und Lernformen ermöglichen und die Zusammenarbeit der Mitarbeitenden untereinander und mit den Studierenden unterstützen. Wie bei Bürobauten müssen bei der Planung die Nutzerinnen und Nutzer mit ihren Tätigkeiten und Interaktionen im Vordergrund stehen. Trotzdem sind aktuell gebaute oder sich in Planung befindende Hochschulen davon teilweise noch weit entfernt. So wird die Funktionalität oft einer durchgestalteten Architektur geopfert. An der Zürcher Hochschule der Künste im Toni-Areal führte dies im letzten Jahr zu einer Eskalation, bei der die Studierenden die Wände unerlaubterweise bemalten und sich so gegen das Diktat der Architektur auflehnten. Ein weiteres Beispiel ist das neue Gebäude der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten. Hier ist es verboten, Getränke mit in die Sitzungszimmer zu nehmen, da der Bodenbelag Schaden nehmen könnte. Solche Beispiele zeigen auf, wie immer noch an den Bedürfnissen vorbei geplant wird. Bei der Planung von Bildungsbauten wird oft nur über Flächen verhandelt. Zu kurz kommen dabei die Fragen, wie in Zukunft gelehrt und gelernt wird, wie die verschiedenen Nutzerinnen und Nutzer sich austauschen und zusammenarbeiten oder welche Kultur gelebt werden soll. Zum Beispiel werden auf tertiärer Bildungsstufe interaktive Lehr- und Lernformen an Bedeutung gewinnen, weil die Studierenden zu innovativem, kreativem, interdisziplinärem Denken und Handeln befähigt werden müssen, damit sie im Beruf konkurrenzfähig sind. Diese Methoden verlangen nach flexibel nutzbaren Räumen, die unterschiedliche Lernformen zulassen.

Bedürfnisse beim Wettbewerb berücksichtigen

Die Diskrepanz zwischen dem «ist» und dem «soll» kommt dadurch zustande, dass die Anforderungen und tätigkeitsbezogenen Bedürfnisse bei der Formulierung des Wettbewerbsprogramms ungenügend berücksichtigt wurden. Dabei haben es die Verantwortlichen in der Hand, die Visionen zu formulieren, nach denen die Architektinnen und Architekten die Bildungsbauten konzipieren müssen. Im Moment sind bei uns an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur genau diese Fragen aktuell: Der vierzigjährige, in die Jahre gekommene Campus platzt aus allen Nähten; er muss erweitert und saniert werden. In Arbeitsgruppen, unter Einbezug von Mitarbeitenden und Studierenden, diskutieren wir, wie in Zukunft auf dem Campus gelehrt, gelernt, gearbeitet und gelebt werden und wie sich die Kultur in und zwischen den Gebäuden abbilden soll. Daraus abgeleitet erarbeiten wir die Anforderungen an die Gebäude und Räume, die als Grundlage für den Wettbewerb dienen. Wir sind uns einig, dass die Gebäude eine bauliche und nutzungsbezogene Flexibilität bieten sowie produktives Lernen und Arbeiten ermöglichen müssen. Darüber hinaus möchten wir keine «Hochglanz»-Architektur, sondern die Möglichkeit, die Räume in Besitz zu nehmen und sie uns anzueignen, damit die spezifischen Identitäten und Charakteristiken auf dem Campus ihren Ausdruck finden können.

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