Bullingerhof – Geschichte weiterschreiben
Der Bau liegt rund 90 Jahre zurück, doch der Rekord gilt noch heute: Die Wohnsiedlung Bullingerhof ist die grösste Blockrandbebauung in der Stadt Zürich. Das Gebäudeensemble mit 224 Wohnungen, Kindergarten, Bürogebäude und Quartiertreff sowie der Park sind denkmalgeschützt. Das macht die Gesamtsanierung anspruchsvoll – gerade auch die Fassadenerneuerung.
Dass der Bullingerhof etwas Besonderes ist, zeigt schon der Blick auf den Stadtplan: eine viereckige Grünanlage, eingerahmt von langen Gebäuden. Sie wurden von 1931 bis 1936 im Auftrag der Stadt Zürich erstellt, um der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg entgegenzuwirken. Karl Kündig und Heinrich Oetiker waren damals die Architekten. Details, die im Rahmen der Gesamtinstandsetzung zum Vorschein kamen, verraten, wie damals auf der Baustelle gearbeitet wurde. Und das prägt – allen technologischen Fortschritten zum Trotz – die heutigen Sanierungsarbeiten. Denn sämtliche Gebäude und die Grünanlage des Bullingerhofs befinden sich im Inventar der kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte.
Instandsetzung für weitere 30 Jahre
Mit der ersten Sanierung seit 1975 werden die Gebäude von 2020 bis 2023 für eine weitere Nutzungsdauer von 30 Jahren instand gesetzt und zum Teil umgestaltet. Das Projekt umfasst neben dem Ersatz von Küchen, Bädern, Fenstern und Leitungen auch die Innendämmung der Gebäudehülle. Aussen erhalten die Fassaden zwar eine andere Farbe, eine Altweisskombination anstelle von Gelb, doch im Übrigen soll der Verputz möglichst originalgetreu rekonstruiert werden.
«Die Struktur des 90-jährigen Verputzes hinzubekommen, war die grösste Herausforderung. Damals arbeitete man ganz anders. Die Arbeiter brachten Kies, Sand und Zement und mischten den Mörtel auf der Baustelle», so Jean-Pierre Walter, Projektleiter von der Wernli Maler AG, die mit den äusseren Gipser- und Malerarbeiten beauftragt wurde. Und als wäre es nicht schon knifflig genug, die Struktur dieses Baustellenmörtels gleich vor Ort mit einer Mischung aus modernem, eigentlich gebrauchsfertigem Werksmörtel aus Sand und Steinen zustande zu bringen: Die bestehende Struktur ist nicht einmal bei allen Fassaden identisch. Bei einigen ist das Korn 6 Millimeter, bei anderen 8 Millimeter gross. Das ist eine der Geschichten, welche die Gebäude erzählen: Beim Bau in den 1930er-Jahren kamen verschiedene Gipserunternehmen zum Einsatz. Und weil sie damals unterschiedliche Verputze anbrachten, ist für die heutige Rekonstruktion für jede Fassade eine neue Mischung und eine neue Bemusterung nötig.
Handmischungen per Express
Im Rahmen der öffentlichen Submission hatte die Wernli Maler AG aufgrund einer bewährten Partnerschaft die Karl Bubenhofer AG als Farblieferantin vorgeschlagen. Sie erhielt den Zuschlag, und damit war umgehend die firmeneigene Koloristik gefragt. Ihre Novalith-Farbe eignet sich optimal für solche geschützten Objekte und ist von der Denkmalpflege anerkannt. Da verschiedene Stellen involviert und noch einige Details zu klären waren, lieferte «Kabe Farben» mehrmals Bemusterungen für Besprechungen vor Ort – in der Regel innerhalb von 48 Stunden.
Bei der Gesamtsanierung des Bullingerhofs gab es zahlreiche Herausforderungen – vom Wetter bis zu coronabedingten Absenzen und Rohstoffmangel. «Wir haben es trotz allem geschafft», sagt Jean-Pierre Walter. «Und das war nur möglich, weil hier Profis zusammenarbeiten, die wissen, was sie tun.»