Kindgerechte Schulgebäudegestaltung
Zum Schulanfang freuten sich die Primarschüler von Pfeffingen auf ihr neues Schulhaus. Denn die Architekten Oliver Brandenberger und Adrian Kloter legten beim Neubau besonders grossen Wert auf ein leicht verständliches und kindgerechtes Raumkonzept.

In Pfeffingen im Kanton Baselland startete das neue Schuljahr im August 2019 mit einem neuen Primarschulhaus. Der Neubau der Architektenpartner Oliver Brandenberger und Adrian Kloter vereint die Auflagen zur Harmonisierung des Schweizer Schulsystems mit einem einfachen, kindgerechten Raumkonzept. Gleichzeitig fasst das neue Schulhaus die bestehenden Bauten zu einem städtebaulichen Ensemble zusammen. Die Regelgeschosse im kubischen Baukörper konzentrieren sich auf eine zentrale Eingangshalle mit angrenzenden Unterrichtsräumen. Da die Gänge entfallen, gewinnt der Grundriss an Raum. Die Klassenräume messen anstatt 70 nun 90 Quadratmeter, weil die Garderoben in den Klassenräumen integriert sind.
Herz des Schulhauses
Der Massstab des Kindes bestimmt die gesamte Gestaltung des Gebäudes. Das zeigt sich zum Beispiel in der horizontalen Struktur der Fassade, welche die Geschosse ablesbar macht. Oder auch in den vertikalen, dicht angeordneten Holzrahmen, die dem Bedürfnis der Kinder nach kleinteiligem Aufbau entsprechen. Klar erkenntlich markiert eine tiefe Nische den Eingang zur Schule und in das grosszügige Foyer. Diese Halle bildet das Herz des Schulhauses. Sie ist mittig im Grundriss platziert, erstreckt sich über die komplette Tiefe des Gebäudes und gibt auf der Nordseite einen beeindruckenden Ausblick auf die weite Landschaft frei. Von hier aus werden alle Geschosse mit einer offenen Wendeltreppe erschlossen. Diese windet sich vom Eingangsgeschoss bis ins zweite Obergeschoss zu den je vier Unterrichtsräumen mit dazwischen geschalteten Gruppenräumen. Im Sockelgeschoss erschliesst sie die Lehrerzimmer, die Toiletten und die Nebenräume wie auch die Technik und das Lager.
Akustisch wirksame Lücken
Auch bei der Wahl und der Verwendung der Materialien versetzten sich die Architekten in die Perspektive der Kinder. So setzten sie bei der Gestaltung des Schulhauses auf haptische und räumliche Erlebnisse, welche die Beziehung zwischen Gebäude und Kind fördern – so bei der Holzverkleidung oder bei der versetzt gemauerten Backsteinwand mit akustisch wirksamen Lücken im Schulfoyer. Dementsprechend taucht auch das gleichmässig von allen Seiten des Gebäudes einfallende Licht die Betonflächen in ein zartes Grau. Aussergewöhnlich ist auch die Möblierung der Klassenräume. Pulte und raumteilende Möbel können auf Rollen einfach verschoben werden. Gemeinsam mit den verschiebbaren Pinnwänden ist damit ein flexibles Einrichtungskonzept entstanden.
Aufeinander abstimmen
Die neue, grosszügigere Raumaufteilung entspricht nicht nur den Wünschen der Kinder und Lehrer, sondern folgt der Schweizer interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schulen (HarmoS-Konkordat). Diese wird seit 2009 in fast allen Kantonen der Schweiz eingeführt. Primäres Ziel der Schulharmonisierung ist, alle Laufbahnentscheide vom Kindergarten bis zu den weiterführenden Schulen altersgerecht zu gestalten und aufeinander abzustimmen. In diesem Zusammenhang wird auch der Lehrplan angepasst: weg vom Frontalunterricht, hin zu sogenannten Lernlandschaften. In diesen soll ein reges Kommen und Gehen stattfinden, dabei werden die Klassenzimmer durch flexibel gestaltbare Gruppenräume ergänzt.
Tagesstrukturen integriert
Gemäss den Auflagen des HarmoS-Konkordats integriert das neue Schulhausensemble in Pfeffingen auch einen Teil der Tagesstruktur: Mittagessen, Förderangebote und Räume für Hausaufgaben und Freizeit. Diesem zusätzlichen Raumbedarf sowie den steigenden Schülerzahlen war das alte Schulhaus nicht gewachsen. Mit dem Neubau ergab sich die einmalige Chance, die Bestandsbauten zu einem neuen Ensemble zusammenzufassen und so die Nutzungen klarer zu trennen. Eine zentrale Funktion übernimmt dabei der neue Pausenplatz. Er spannt sich zwischen dem neuen Schulhaus und der Stützmauer der bestehenden Sportanlage auf und führt über eine breite Aussentreppe zum Eingang der in den Hang eingebetteten Mehrzweckhalle. Gegen den Hang formt sich der Platz durch hohe Sitzstufen zu einer Arena.
Aktiv mitgestalten
Oliver Brandenberger und Adrian Kloter haben mehr als nur ihre Hausaufgaben gemacht: sowohl im schulischen als auch städtebaulichen, aber vor allem im kindgerechten Sinne. Dabei haben sie nicht nur die Vorgaben erfüllt, sondern aus Eigeninitiative den Kindern einen Ort geschaffen, an dem sie sich wohlfühlen und den sie selbst mitgestalten können. Nach diesem Schulhaus realisieren die beiden Basler Architekten in den nächsten zwei Jahren noch drei weitere Schulen: Die Primarschule Aarwangen BE wird eine bereits bestehende Anlage mit einem grosszügigen, vertikal erschlossenen Sichtbetonbau erweitern. Der Doppelkindergarten in Winkel ZH wird durch den Einsatz von Klinkerstein und Eiche sinnlich erfahrbar sein, und in Birrwil AG wird der Garderobenbereich der Schule zu einer tiefer gelegten Aula mit Sitzstufen. In diesen Schulhäusern können sich die Kinder wohlfühlen und mit Freude lernen. ●
Brandenberger Kloter Architekten
Die beiden Architekten Adrian Kloter und Oliver Brandenberger haben sich im Jahr 2000 zur Bürogemeinschaft Brandenberger Kloter Architekten zusammengeschlossen. Gemeinsam realisieren sie öffentliche Bauten wie zum Beispiel Schulen, während sie für Wohnungs- oder Büroprojekte mit ihrem jeweils eigenen Büro tätig sind. Beide interessieren sich für langfristige städtebauliche Entwicklungsprozesse ebenso wie für die Detailforschung an Material, Licht und Raum. Auf dieser Grundlage suchen sie in den jeweiligen Aufgaben nach Lösungen, die sowohl den Kontext- als auch den Nutzeranforderungen gerecht werden. Ein Grossteil dieser Aufgaben stammt aus Studienaufträgen und Wettbewerbserfolgen in der Schweiz.
Bautafel
Objekt Primarschule Pfeffingen BL
BauherrschaftEinwohnergemeinde Pfeffingen
Fertigstellung 2019
ArchitekturBrandenberger Kloter Architekten
Stockwerke 4
Bruttogeschossfläche 2375 m²
Energiequelle Holzschnitzelheizung
Lüftungssystem Aktive Nachtauskühlung, kombiniert mit Fensterlüftung












