Flexibel bei geringen Kosten

Der Schulhausneubau Champagne in Biel wird am jetzigen Standort nur acht Jahre genutzt werden. Anschliessend ist eine Verschiebung an einen anderen Standort geplant.

Schulhausneubau
Den optischen Ankerpunkt des Gebäudes bildet die Erschliessung, die nach aussen verlagert wurde.
36 Raummodule vollständig im Werk vorgefertigt
Der Schulhausneubau Champagne in Biel wird am jetzigen Standort nur acht Jahre genutzt werden. Anschliessend ist eine Verschiebung an einen anderen Standort geplant.
gun. Biel hat im Gebiet Gurzelen einen Entwicklungsschwerpunkt gesetzt. Dessen architektonische Wahrzeichen sind das höchste Hochhaus der Stadt, «La Champagne», und das denkmalgeschützte Schulhaus von Max Schlup sowie der Hauptsitz von Omega aus der Feder von Star-Architekt Shigeru Ban. Geplant sind insgesamt 500 neue Wohnungen – mit entsprechend wachsendem Bedarf an weiterer Infrastruktur, wie zum Beispiel Schulgebäuden. Die Stadt hatte dazu klare Vorstellungen: Die zur Verfügung gestellten Nutzungsflächen sollen sich an einen flexiblen Bedarf aufgrund volatiler Schülerzahlen anpassen können. Der Neubau soll am jetzigen Standort nur 8 Jahre genutzt werden. Anschliessend ist eine Verschiebung an einen anderen Standort geplant. Für die Architekten eine spannende Aufgabe: Eine mobile und flexible Architektur zu entwickeln, die gleichzeitig einem engen Kosten- und Budgetrahmen gerecht wird.

Pragmatische Lösung: Modulbau

Um die Entwicklung des Quartiers im Zuge der Neugestaltung Gurzelen/Schüssinsel nicht zu behindern, musste ein Gebäude geplant werden, das bei Bedarf wieder spurlos verschwinden kann. Die Architekten Sabine Schütz und Roman Tschachtli vom jungen Bieler Architekturbüro Verve kombinierten deshalb Pragmatismus mit Ästhetik. Für die Architekten erfüllte ein Modulbau alle Anforderungen an das Provisorium. Im Werk der Renggli AG wurden die 36 Raummodule vollständig vorgefertigt, mit Gebäudehülle, Türen, Leuchten, Heizkörpern, Leitungen usw. ausgestattet und auf der Baustelle nur noch zusammengesetzt. Durch den hohen Vorfertigungsgrad konnte, wie von der Stadt Biel gewünscht, die Bauzeit extrem verkürzt werden, da die Fertigung der Module parallel zu den Vorbereitungsarbeiten auf der Baustelle stattfand. Von der Bauzeit bis zum Bezug vergingen nur 6 Wochen während der Schulferien – die Montage der Module beanspruchte ebenfalls nur 4 Tage. Sie wurden auf ein vor Ort erstellten Schraubfundament aufgebracht und können ebenso schnell wieder entfernt werden. Alle statischen Verbindungen und haustechnischen Installationen sind gesteckt, geschraubt oder gekoppelt und somit lösbar und neu konfigurierbar.

Erschliessung neu gedacht

Das neue Schulhaus besticht durch seine städtebauliche Setzung. Der Dreigeschosser ist direkt an die Grenze gebaut, begleitet die Strasse und akzentuiert die Strassenkreuzung. Das Material Holz in einer natürlich braunen Farbe wirkt warm und dennoch urban. Die Südfassade ist mit einer geschosshohen Verglasung gestaltet, deren Fenstereinteilung auf verspielte Weise wechselt. Den optischen Ankerpunkt des Gebäudes bildet die Erschliessung, die nach aussen verlagert wurde. Und das gemäss Architekt Roman Tschachtli aus Gründen der Suffizienz: «Wir haben alles weggelassen, was man weglassen konnte, um Kosten zu sparen.»

Dieser Leitgedanke des Projekts geht einher mit der gewählten Ausführung, denn einerseits waren Laubengänge zu teuer, andererseits funktionieren innen liegende Treppenhäuser nicht mit der Modulbauweise. Die aussen liegenden Treppenaufgänge, die durch die gegenläufige Anordnung optisch ineinander verschachtelt wirken, avancieren dadurch zum auffälligsten Gestaltungsmerkmal des Baus.

Einen «Raum mit Atmosphäre und Gefühl» wollten die Architekten schaffen – als Gegenpol zu der einfachen Kiste. Die Treppenanlagen, als selbst tragende Struktur vor die Container gesetzt, werden nun als Treffpunkt, Turngerät, Aufenthaltsraum und vieles mehr genutzt. Die gleichschenkligen Dreiecke der Treppenkonstruktion verleihen der Fassade damit Verspieltheit, Transparenz und Leichtigkeit.

Auch im Innenausbau wurde sehr sorgfältig mit Materialien, Farben und Oberflächen gearbeitet. Die Decken und Wände sind in Brettsperrholz ausgeführt und somit als Konstruktionsholz direkt sichtbar, tragend und raumbildend. Die Innenausstattung mit quadratischen weissen Deckenleuchten, schwarzen Fensterprofilen, dunklem Teppich und hellem Holz kommt schlicht, aber harmonisch daher.

renggli.swiss

Schulhausneubau
Dank der grosszügigen Infrastruktur im Werk konnten die 36 Module mit fix eingerichteten Arbeitsplätzen und Teams fliessbandähnlich gefertigt werden.
Schulhausneubau
Ganze Module wurden auf die Baustelle geliefert und dort gleich montiert.
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