Hotels und Restaurants – Very british: Stil, Charme und Melonen

Von aussen wirkt es immer noch recht bescheiden, auch nach dem Umbau. Dabei hat sich so vieles verändert. Beim «The Bristol» in Bern zieht sich das Britische von der Lobby bis in den vierten Stock.

The Bristol
Von Matthias Troller (Text) und Urs Wyss (Bilder) im Auftrag der Bel Etage AG
Von aussen wirkt es immer noch recht bescheiden, auch nach dem Umbau. Dabei hat sich so vieles verändert. Beim «The Bristol» in Bern zieht sich das Britische von der Lobby bis in den vierten Stock.

«Bis vor Kurzem wussten viele Berner gar nicht, dass hier ein Hotel ist», sagt Patrik Scherrer von Swiss Design Hotels, der Betreiberfirma von «The Bristol». Dabei liegt es kaum fünf Minuten vom Bahnhof entfernt. Nur: Da, wo jetzt die prächtig eingerichtete Bar Geschäftsleute und Expats, je nach Tageszeit Pensionäre und Hipster anlockt, zog jahrzehntelang der Herren-Globus die Aufmerksamkeit auf sich. Dabei war das Hotel immer da. Seit 1913. «Es stammt aus einer Zeit, in der die Engländer den Tourismus in der Schweiz prägten», so Scherrer. «Bristol ist nach wie vor ein cooler Name. Und die perfekte Inspiration für den Neuanfang als Design-Hotel.»

«You look like I need a drink»

Das Konzept war also klar, «very british» sollte es werden: in der Innenausstattung, auf der Karte – English Breakfast, Meat Pie, Afternoon Tea – und, ganz wichtig, in der Geisteshaltung. Dieses Augenzwinkern, Roger Moore. Nach wenigen Minuten in der Bar wird klar, dass die Idee funktioniert. Die Clubsessel, das gesteppte Leder, hübsche Details von der antiken Uhr bis zu den freundlich herumstehenden Wollschafen. Dazu archaische Materialien wie Messing oder unbehandelter Stahl – Reminiszenzen an die Industriestadt Bristol. Und Pub-Weisheiten auf zwei grossen Screens, Schmunzeln garantiert. Kurz: Britannien überall, mitten in Bern.

Eine einmalige Chance

Blenden wir zwei Jahre zurück. Die Idee war da, nun wurde es konkret. Also brachten Patrik Scherrer und sein Geschäftspartner Luzius Kuchen den Innenarchitekten Markus Kirchhofer und die Bel Etage AG ins Spiel. Sie kannten sich von einer früheren Zusammenarbeit. Und sie verstanden sich auch bei diesem Projekt auf Anhieb. «Anfang 2016 war das erste Briefing mit Swiss Design Hotels und der Bauherrin, der LiB-AG», sagt Kirchhofer. Gemeinsam entwickelte man das Projekt weiter. «Die Chance, so ein Konzept von Grund auf konsequent umzusetzen, ist schon toll.»

Der rote Faden

Kirchhofer und sein Team haben die Gelegenheit genutzt. Das Hotel wirkt durch und durch britisch. In der Lobby, in der Bar, den Korridoren, den Zimmern natürlich: überall die typischen Materialien, Formen, Muster, Accessoires. Und immer wieder gibt es überraschende Momente, die zeigen: Hier geht es nicht darum, etwas zu kopieren, sondern um ein Lebensgefühl, eine Kultur. «Wir haben in den Erinnerungen an unsere Englandreisen gekramt, aber auch kistenweise Bücher durchforstet; nach Designs, Stilelementen, deren Geschichte und Bedeutung», schildert Kirchhofer das Vorgehen. Kein Detail wurde dem Zufall überlassen. Wahrscheinlich macht genau das den Unterschied. Nichts wirkt aufgesetzt, alles ist stimmig. Gleich kommt Roger Moore um die Ecke.

Eben, dieses Augenzwinkern

Es beginnt schon am Eingang. Da sind diese Hüte, Melonen, die als Lampen über den Tischen hängen, vis-à-vis der Rezeption. Mittendrin ein Damenhut, der Queen direkt vom Kopf geweht. «Das ist natürlich eine Nachbildung», gesteht Kirchhofer. Ein paar Schritte weiter englisches Landhaus-Feeling: eine gemütliche Ecke mit Sofa, Salontisch, grossem Kamin. «Das ist mein aktueller Lieblingsort im Hotel. Leider ist das Cheminée nicht funktionsfähig, aus feuerpolizeilichen Gründen», sagt Patrik Scherrer. Steigt man eine oder zwei Etagen höher aus dem Lift, fallen wieder die Details auf: hier ein lustig dreinblickendes Wollschaf, da eines dieser legendären Brompton Bicycles mit Union Jack. Auch die Signaletik passt ins Bild.

Von Süd nach Nord

Und in den Zimmern? Einerseits gibt es da wiederkehrende Elemente – Karotapeten, Lounge Chairs, Boxspringbetten. Natürlich: Business, Executive und Luxury Rooms unterscheiden sich, aber nicht nur im Komfort. Je höher die Etage, desto nördlicher die Anmutung. Im obersten Stock erreicht man die Highlands. Muster und Farben erinnern an schottische Hügellandschaften, Tartan, Dudelsäcke. Nur der Blick durchs Fenster zeigt: Wir sind immer noch in Bern. Und wir schauen auf die Dächer der wunderbaren Altstadt.

Britain in Berne

Auch Bern wird im «The Bristol» Tribut gezollt – diskret, britisch eben. Da ist dieser goldene Bär, stolzes Wahrzeichen, das in seiner sympathischen Deplatziertheit aber bestens ins Bild passt. Und der Trinkwasserbrunnen – wir sind in einer Brunnenstadt. Hier kann sich der Gast selber bedienen, wann immer er will. Darum fühlt man sich wohl im «The Bristol»: Es hat Stil, ist dabei unkompliziert und freundlich. Es lebt. «Es gehört zum Konzept, dass die Einrichtung nie abgeschlossen ist. Wie ein Wohnzimmer entwickelt es sich weiter, mit dem Leben, mit dem Alltag.» Kirchhofer und Scherrer sind sich einig. Vielleicht ist das das Erfolgsgeheimnis. ●

The Bristol
Das Hotel wirkt durch und durch britisch.
The Bristol
Immer wieder gibt es überraschende Momente.
The Bristol
Überall finden sich die typischen Materialien, Formen, Muster, Accessoires.
The Bristol
The Bristol
In den Zimmern gibt es ebenfalls wiederkehrende Elemente – Karotapeten, Boxspringbetten, Lounge Chairs.
The Bristol
Je höher die Etage, desto nördlicher die Anmutung.
The Bristol
The Bristol
The Bristol
Das «The Bristol» hat Stil, ist dabei aber unkompliziert und freundlich.
The Bristol
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