Alpinbau – Ein Gipfel in Stahl, Stein und Glas
Als eine «Blüte aus Stein» beschreibt Mario Botta seinen Entwurf für den Neubau eines Restaurants auf dem Plateau des Monte Generoso. Wie eine Blüte öffnet sich das Gebäude denn auch zum Licht.

Der Monte Generoso in der beeindruckenden Bergwelt des südlichen Tessins zählt zu den Klassikern des Alpentourismus. Seit über 125 Jahren fährt eine Zahnradbahn von Capolago am Luganersee die rund neun Kilometer lange Strecke durch das Naturschutzgebiet zum 1704 Meter hohen Gipfel. Der Neubau nach dem Entwurf des einheimischen Architekten Mario Botta wurde an einer Stelle errichtet, an der sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Hotel befand. Die Lage ist atemberaubend. Das kleine Plateau thront auf einem mächtigen Felsen über dem 300 bis 400 Meter tiefen Abgrund des Nordhangs. Die imposante Felsformation gab den Ausschlag für den Entwurf der sogenannten «Steinblüte»: ein Gebäude auf oktogonalem Grundriss, dessen Fassaden wie einzelne Blütenblätter nach oben aufragen und sich auf halber Höhe wieder verjüngen. An der Ostseite öffnet sich der Blätterkranz zu einer Terrasse, die dem Verlauf des Berggrats folgt.Auf dem Niveau des Bahnsteigs, 1600 Meter ü.M., gelangen Besucher ins Erdgeschoss des Gebäudes. Ein grosszügiger Eingangsbereich mit verglasten Schiebetüren bildet den Übergang von aussen und innen. Hier befindet sich ein Ausstellungsraum zur Geschichte des Monte Generoso, und von hier aus erschliessen zwei Treppenhäuser und Aufzüge die darüberliegenden Etagen. Im ersten Stock liegen die Technikräume, im zweiten ein Konferenzraum, Büros und Aufenthaltsräume für die Mitarbeiter. In der dritten Etage, mit Zugang zur langgestreckten Panoramaterrasse, ist das Selbstbedienungsrestaurant Generoso angeordnet. Für gehobene Ansprüche gibt es im vierten Obergeschoss das Restaurant Fiore di Pietra mit fünf grosszügig verglasten Panoramaöffnungen. Die ursprüngliche Idee, diese Öffnungen mit nur einer Scheibe zu schliessen, musste schnell aufgegeben werden: Zu gross war der auf der Konstruktion lastende Wind- und Schneedruck, zu klein die Transportkapazität für Scheiben solchen Ausmasses.
In der Tat gab der vier mal zwei Meter grosse Transportwagen der Zahnradbahn die Abmessungen vieler Bauteile vor; so auch die der grossflächigen Vertikalverglasungen in der Fassade. Zu dieser logistischen Bedingung kamen die ingenieurmässigen Anforderungen an eine Pfosten-Riegel-Konstruktion in exponierter Höhenlage. Die statische Bemessung der Fassadenelemente basiert auf der Annahme einer Schneelast von 10,8 kN/m² und einer maximalen Windgeschwindigkeit von 178 km/h, was einem Druck von 1,54 kN/m² entspricht. Gleichzeitig durfte die Durchbiegung maximal zehn Millimeter betragen. Die unter diesen Vorgaben konzipierte Fassadenverglasung ist eine objektspezifische Lösung, wie man sie nur mit Stahlprofilen realisieren kann. Der Fassadenplaner entwickelte für das Restaurant eine Pfosten-Riegel-Fassade aus dem Stahlprofilsystem Jansen VISS HI TVS mit Dreifachverglasung. Das logistisch optimierte Raster im Format von 150 × 500 Zentimetern – drei Felder breit, zwei Felder hoch – führt zu einer bemerkenswerten konstruktiven Besonderheit: Das obere Drittel der oberen Scheibenreihe bildet gleichzeitig die Brüstung der Dachterrasse. In diesem Bereich ist auf der Ebene der Dachterrasse eine zweite, etwa einen Meter hohe verglaste Brüstung V-förmig dagegengesetzt. So können Gross und Klein die 360-Grad-Panoramasicht geniessen: im Süden auf die Mailänder Poebene, im Norden auf den Luganersee und die Alpen.
Im Einklang mit der umgebenden Landschaft wurden die geschlossenen Fassadenflächen mit grauem Naturstein verkleidet. Horizontal umlaufende Bänder polierter und scharrierter Platten verleihen der Fassade eine klare Struktur, die den Duktus Mario Bottas charakterisiert. Der international renommierte Architekt, der in der Bergwelt des Tessins aufgewachsen ist, hat mit der «Blüte aus Stein» auf den Monte Generoso eine weithin sichtbare Landmarke erblühen lassen.
Den Brandschutz im Griff haben
Brandschutz ist immer ein wichtiges Thema. Doch in einer abgeschiedenen Lage wie hier auf dem Monte Generoso kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Das Brandschutzkonzept sieht auf jeder Ebene des Gebäudes Brandschutzabschlüsse zwischen dem öffentlichen Treppenhaus und den von dort aus zugänglichen Flächen wie Konferenzraum, Selbstbedienungsbereich oder Panoramarestaurant vor. Die festverglasten Trennwände sind mit dem Stahlprofilsystem Jansen VISS Fire TV in der Brandschutzanforderung EI60 transparent gestaltet. Die Türen dagegen sind vollverblecht; sie wurden mit Janisol 2 in der Brandschutzanforderung EI30 ausgeführt.
Eine bemerkenswerte Konstruktion realisierte das Metallbauunternehmen für die Brandschutztür im erdgeschossigen Eingangsbereich. Die Schweizer Norm fordert für Brandschutztüren Türgriffe mit Daumenbremse, um versehentliches Abrutschen auszuschliessen. Der unvermittelte «Knick» verleiht diesen Sicherheitsgriffen eine eigenwillige Form, mit der Mario Botta sich nicht anfreunden konnte. Er legte grossen Wert auf einen einfachen Türgriff in Form eines abgerundeten L. Also galt es das Profilsystem so anzupassen, dass es als Daumenbremse fungieren kann. In Absprache mit Jansen wurde für diese Brandschutztür statt des Flügelprofils das breitere Rahmenprofil verwendet. Den minimalen Unterschied bemerkt nur das geschulte Auge. Was dagegen jedem Besucher sofort ins Auge fallen dürfte, ist der schlichte Türgriff aus mattiertem Edelstahl. Fazit: Mit der geprüften Konstruktion aus dem Stahlprofilsystem Janisol 2 haben anspruchsvolle Architekten auch brandschutztechnisch relevante Details im Griff.
Montage der Pfosten-Riegel-Konstruktion
Die Transportkapazität der Zahnradbahn auf den Monte Generoso war der Massstab vieler Bauelemente, so auch für die Fassaden- und Festverglasungen aus den Stahlprofilsystemen von Jansen. Die Grundfläche des Transportwagens beträgt vier mal zwei Meter; mit Elektroantrieb können zwei Tonnen befördert werden, mit dem leistungsstärkeren Dieselantrieb deren acht. Die Vorfertigung in der Werkstatt beschränkte sich daher auf das Ablängen der Profile; alle übrigen Arbeiten wurden am Berg ausgeführt. Weil die Panoramafenster absolut plan zur Natursteinfassade liegen sollten, montierte der Fassadenbauer im Anschlussbereich der Glas- zur Steinfassade zunächst Lehren, die das Mass für die Verlegung des Natursteins vorgaben. Diese Vorgehensweise war sicherlich sinnvoll, denn es war weitaus einfacher, die masslichen Abweichungen des Rohbaus aus Stahlbeton mit kleinformatigen Steinen aufzufangen als mit einer mehrere Quadratmeter grossen Glasscheibe. Die Pfosten-Riegel-Konstruktion wurde erst nach Abschluss der Natursteinarbeiten montiert.
Die hoch wärmegedämmte, auf dem System der Trockenverglasung basierende Pfosten-Riegel-Konstruktion für grossflächige Vertikalfassaden wurde in der Ansichtsbreite von 60 Millimetern mittels Steckverbindungen aufgebaut. Die Scheiben sind eine Sonderanfertigung: Wegen des geringeren Luftdrucks in 1600 Metern Höhe sind sie nur zu 90 Prozent mit Argon gefüllt. Der Gesamtenergiedurchlass der Elemente ist mit 0,6 W/m²K berechnet.
Grosszügige Verglasungen gibt es auch zwischen den als Blütenblättern ausgebildeten «Türmen»; als vertikale Bänder ziehen sie sich vom ersten Obergeschoss zur Dachterrasse. In diesen kleinteiligeren Bereichen konnte das Stahlprofilsystem in einer Ansichtsbreite von nur 50 Millimetern eingesetzt werden. Im Bereich der Deckenanschlüsse wurden Sandwichpaneele mit äusserer Abdeckung aus Edelstahl montiert. Sie haben einen Wärmedurchlass ≤ 0.18 W/m²K; die Fenster- und Festverglasungen der vertikalen Bänder sind mit ≤ 0,90 W/m²K bemessen. So konnten die anspruchsvollen Vorgaben bezüglich der auf die Verglasungen einwirkenden Lasten auf dem Gipfel des Monte Generoso mit hochbelastbaren Stahlprofilen sowohl konstruktiv einwandfrei als auch ästhetisch ansprechend gelöst werden.
Bautafel
Bauherr Ferrovia Monte Generoso SA, Capolago
Architekt Mario Botta, Mendrisio
Fachplanung Didier Grandi SA, Rivera
Fassaden, Fenster- und Festverglasungen Regazzi Serramenti e Facciate SA, Gordola
Systemlieferant Jansen AG, Oberriet











