Infrastruktur – Zentrale Drehscheibe und Visitenkarte
Lang und geschmeidig seine Erscheinung, imposant sein ausladendes Dach. So zeigt sich der neue Busterminal in Churwalden.

Churwalden hat einen neuen Busterminal erhalten, der das «Portal», die neue Talstation der Lenzerheide Bergbahnen AG (vgl. «Architektur + Technik» 10/2016), ergänzt. Auch sonst weist er einige Besonderheiten auf. Darüber unterhielten wir uns mit Jon Ritter vom Architekturbüro Ritter Schumacher.Was waren die Vorgaben des Bauherren, und wie haben Sie diese umgesetzt?
Von der Gemeinde Churwalden wurden wir angefragt, ein Dach für den neuen Busterminal zu planen. Schnell war uns klar, dass diesen ortsbaulichen wichtigen Standort ein Volumen definieren müsse. In der Folge machten wir uns Gedanken über ein erweitertes Programm mit Zusatznutzung, unterbreiteten unsere Vorschläge der Gemeinde und führten Gespräche mit möglichen Nutzern und Investoren:
Jon Ritter, worin besteht dieser Zusatznutzen?
Aus dem anfänglichen Witterungsschutz eines Busterminals ist ein Gebäude entstanden, das seiner prominenten Lage in vielerlei Hinsicht gerecht wird. Das ausladende, umlaufende Dach flankiert die Kantonsstrasse und markiert das Zentrum von Churwalden. Im Innern bietet die Migros ihr Sortiment zum Kauf an. Dadurch entsteht eine wichtige neue Öffentlichkeit im Herzen des Dorfes. Der Busterminal wird somit zur neuen zentralen Drehscheibe und Visitenkarte.
Was macht das Erscheinungsbild aus?
Aufgrund seiner Länge wollten wir dem Busterminal keine zu glatte Oberfläche geben. Die Haptik einer rhythmisierten Holzstruktur erachteten wir für diesen Ort als angemessener. Das «Flimmern» der vertikalen Holzlamellen mit der sich aussen abbildenden inneren Tragstruktur wirkt abstrakt und gibt dem Baukörper dennoch eine gewisse Massstäblichkeit.
Sie haben besonderen Wert auf eine Ökologische Bauweise gelegt. Der Busterminal wurde aus Schweizer Holz erstellt.
Das Holz für die Fassadenschwerter stammt sogar zu 100 Prozent aus den Wäldern von Churwalden. Dies haben wir von Anfang an in unserer Ausschreibung so gefordert. Die vertikalen Holzlamellen sind etwa 5,5 m hoch und tragen das umlaufende, 3 m auskragende Vordach.
Wie hat die Bevölkerung auf den Busterminal reagiert?
Die Resonanz ist durchweg positiv. Natürlich gibt es immer Menschen, die den Busterminal zu modern finden, aber man muss es bekanntlich nicht allen recht machen. Auch die Migros hat grosse Freude an ihrer neuen Filiale. Das zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass sie aufgrund unseres Wunsches auf sämtliche farbigen Wände im Rauminnern verzichtet hat. Das ist für die Migros mit ihrer klaren Corporate Identity ungewöhnlich und be-weist ihre grosse Wertschätzung.
Ritter Schumacher haben auch die Talstation des «Portals Churwalden» entworfen. Welche Zusammenhänge bestehen zum Busterminal?
Beide Bauwerke sind Infrastrukturbauten. Ihre Erscheinung ist also klaren funktionalen Vorgaben unterworfen und entwickelte sich von innen heraus. Bei der Talstation «Portal» verzahnen sich die Bewegungsflüsse der Bergbahn mit denjenigen des Restaurants. Gleichzeitig bildet es einen topografischen Abschluss, der sich aus dem Boden heraus entwickelt. Dort verwendeten wir das Material Beton. Beim Busterminal handelt es sich, salopp gesagt, um ein grosses «Wartehäuschen», das auf dem Boden steht. Daher hierbei das Material Holz.
Werden Ritter Schumacher weiterhin Churwalden prägen, sind Projekte in Planung?
Der Bau des «Portals» hat in Churwalden eine unerwartete Aufbruchstimmung in Gang gesetzt. Wir haben soeben in unmittelbarer Nähe das Hauptgebäude für den Camping Pradafenz erneuert und planen vis-à-vis vom Busterminal einen weiteren markanten Bau. Bei all diesen Bauten geht es uns darum, einen Beitrag zur Identität des Dorfes Churwalden zu leisten. Eine Identität, die mehr Emotionen weckt, als es der Auswuchs aus der Hochkonjunktur der Zweitwohnungsbauphase vermag. Im Übrigen ist es ein schönes Beispiel dafür, dass die Dorfentwicklung eines konjunkturschwächeren Ortes organisch statt masterplanmässig angegangen werden kann. Ein Baustein gibt den Anstoss für den nächsten und dieser wiederum für einen weiteren. Am Ende wird etwas entstehen, was wir nie vorausplanen könnten, da sich die Rahmenbedingungen noch ständig ändern werden. Es wäre deshalb schön, wenn die Raumplaner in diesem Zusammenhang ihre manchmal sehr starre Vorgehensweise überdenken würden.
Bautafel
Architekten Ritter Schumacher AG, Chur
Bauingenieur ewp AG, Chur
EHLS-Ingenieur Willi Haustechnik AG, Chur
Bauphysik Bernhard Bauexperte, Chur







